Dienstag, 11. Dezember 2007

Version 0.99: "Yeah baby, YEAH!"

Wie der euphorische Titel schon andeutet, bin ich meinem Ziel, Lehrer zu werden, wieder ein Stück näher gekommen: Ich habe den vielbesprochenen "Concours" (Aufnahmeprüfung fürs luxemburger Referendariat) geschafft, und bin ab Januar offiziell Referendar, mit einem obszönen Gehalt. Doch dazu später mehr.

Mein bisheriges Dasein als Pädagoge hat sich natürlich um einige Erfahrungen erweitert. So habe ich zum Beispiel mittlerweile auch schon einmal bis 3 Uhr nachts Klassenarbeiten korrigiert, um sie dann nach nur 4 Stunden Schlaf am nächsten Tag zurückgeben zu können. Mir wurde gesagt, dass das im Referendariat nichts Besonderes mehr sei, aber ich habe nur wenig Gefallen an diesem Arbeitsstil gefunden. Bäh!

Ein weiterer Eiterpickel des Lehrerdaseins ist "L'Essentiel". Das ist eine (auch noch französischsprachige) "Tageszeitung", die es seit ein paar Wochen an jeder Straßenecke umsonst gibt. Da sie nichts kostet, nimmt jeder Schüler erst mal morgens eine mit, denn es ist immer ein Cartoon drin, und auch ein Sudoku. Dieses Rätsel, was mir auf immer ein solches bleiben wird, wird dann natürlich bevorzugt während des Unterrichts gelöst. Spätestens nach der dritten Unterrichtseinheit hat sich das Interesse an diesem Druckerzeugnis allerdings aufgelöst, so dass jetzt die ganze Schule damit gepflastert ist, und die Putzfrauen dürfen es wegmachen. All dies wär zu verzeihen, wenn die Kinder jetzt immer top-informiert in der Bank sitzen würden. Tun sie aber nicht, denn der journalistische Wert dieser Zeitung ist nur minimal über dem der BILD-Zeitung anzusiedeln, so dass, wenn überhaupt was außer den Bildern wahrgenommen wird, es sich dabei meist um "Klatsch und Tratsch" der "Promis" handelt. Danke, "L'Essentiel".

Wegen meines bereits eingangs erwähnten relativ hohen Gehalts, das ich demnächst beziehen werde, dachte ich mir, als meine Uhr letztens stehen blieb, da höchstwahrscheinlich die Batterie alle war: Jetzt kaufst du dir einfach einen neuen, deinem Status angemessenen Zeitrechner! Also spazierte ich in die schön weihnachtlich beleuchtete Innenstadt, mit dem Vorhaben, meinen Geldbeutel nicht zu schonen. Doch in Luxemburg ist wieder einmal alles anders: Es fängt damit an, dass man erst klingeln muss, um überhaupt den Uhrenladen/Juwelier betreten zu dürfen, woraufhin dann meist ein dunkel gekleideter muskulöser junger Mann einem die Tür öffnet. Dann wird man von einer stark geschminkten, französisch sprechenden Dame in Empfang genommen, und es wird sich euphorisch nach dem Anliegen erkundet. Als ich dann jedoch immer wieder kundtat, dass ich gedenke, eine Uhr zu kaufen, allerdings "nur" zwischen 500 und 1000 Euro ausgeben möchte, war die Reaktion stets die gleiche: Ich wurde mit einer Mischung aus Mitleid und Ekel belächelt, und an andere Läden verwiesen. Also tat ich das einzig Vernünftige: Ich stieg ins Auto, fuhr nach Trier, ließ mich dort von einem sehr netten jungen Mann äußerst kompetent beraten, und kaufte mir zu einem sehr fairen Preis eine tolle Uhr, an der ich bestimmt noch lange Freude haben werde.

Jetzt aber zum "concours": Ich habe diesmal geschafft, was mit vor einem halben Jahr misslungen ist, ich habe das Examen an sich bestanden, und durch die Klassierung im ersten Drittel des Feldes bin ich jetzt auch zum Referendariat zugelassen (zugegebenermaßen hat es diesmal vollkommen gereicht, das Examen nur irgendwie zu bestehen, da von den 24 offenen Stellen nur 17 belegt werden konnten). So weit, so gut. Was ich jedoch echt nicht verstehe, ist deren Bewertungssystem. Selbst nach 159 korrigierten Klassenarbeiten (ich habe nachgerechnet;) habe ich immer noch keine Ahnung, wie DIE bewerten. Es ist jetzt schwierig, das zu konkretisieren, aber im Großen und Ganzen ist es einfach so, dass die Selbsteinschätzung meiner Leistung und deren Bewertung nichts miteinander zu tun haben; wenn ich dachte, dass eine Prüfung schlecht lief, hatte ich nachher viele Punkte, und bei den Aufgaben, von denen ich dachte, ich hätte sie gut gelöst, war es dann so, dass ich knapp an der Grenze zum Nicht-Bestehen lag. Sehr seltsam...

Ja, und da ich ja jetzt wieder meinen Status an der Schule ändere, muss ich mal wieder zum Arzt. WTF?!?! Zum 3. Mal innerhalb eines Jahres! Lasst euch eins sagen: Die luxemburger Referendare gehören zu den gesündesten der Welt!

So, und zum Abschluss heute muss ich eine meiner selbstauferlegten Regeln brechen. Ich wollte eigentlich auf dieser Plattform hier keine Stilblüten zum Besten geben, da ich es relativ überheblich finde, sich über Fehler derer lustig zu machen, die einem alleine vom Alter und der Bildung her unterlegen sind.
Doch genau letzteres, also die Bildung, zweier meiner Schüler hat letztens so große Lücken gezeigt, dass ich es einfach mal aufschreiben muss. Ich hatte den Betroffenen als Nachhol-Klassenarbeit einen Text über das Holocaust-Mahnmal in Berlin vorgelegt, den es zu analysieren galt. Ein Kollege, der jetzt "assistant pédagogique" ist, beaufsichtigte die Schüler, als sie schroben, und plötzlich fragte ihn doch tatsächlich einer der Prüflinge, was das denn überhaupt sei, "Holocaust"? Dem Kollegen fehlten die Worte ob solchem Mangel an Allgemeinwissen, was mir dann von den beiden Schülern später auch noch als mit ihnen geteiltes Unwissen, was diesen kryptischen Begriff angeht, berichtet worden ist. Oh je!

Donnerstag, 18. Oktober 2007

Schlimm

Schade finde ich, dass ich Schüler habe, die tatsächlich das in Foren oft verwende Kürzel "LOL" in ihren mündlichen Sprachgebrauch aufgenommen haben...

Dienstag, 16. Oktober 2007

Lob

Die gesamte Sache mit dem Unterrichten (und vor allem die Vor- und Nachbereitung) ist doch anstengender, als ich noch in dem letzten post kundgab. Da ist es schön, wenn man, wie ich heute, solches Lob hört (von einem Schüler, der gerne mal schwänzt und auch schon sitzengeblieben ist):
"Deutschunterricht ist cool. Das ist das einzige Fach, in dem ich nicht schlafe."

Donnerstag, 20. September 2007

So ist das also, wenn man lehrt...

Also, ganz ehrlich, ich muss sagen, dass das Lehrerleben ganz schön anstrengend ist. Aber kurz von vorne: Ich habe dann schlussendlich meinen Vertrag bekommen, und habe jetzt schon die ersten zwei Wochen hinter mir. Lehrer, Version 0.99, könnte man fast sagen, und so erlaube ich mir, an dieser Stelle eine erste Bilanz zu ziehen. Stress hatte ich schon, nicht so im Sinne von "Aaargh, ich muss die Nächte durcharbeiten!", sondern eher so "Mist, meine Freizeit ist jetzt doch merklich eingeschränkt worden...". Was aber wirklich anstrengend ist, ist das Unterrichten selbst. Wie jeden Montag hatte ich heute wieder vier Stunden am Stück, und ich muss sagen, ich bin jedesmal wirklich geschlaucht danach.

So bin ich zu der Schlussfolgerung gekommen, dass es überraschend viele Parallelen zwischen dem Unterrichten und Poppen gibt... Besonders das allererste Mal ist bis in die Details gleich: Man ist unglaublich aufgeregt und freut sich doch irgendwie, das es jetzt endlich soweit ist, dann man weiß nicht so richtig, was man da gerade tut, und ehe man sich versieht, ist's schon vorbei...

Auch die weißen Flecken auf der Kleidung, die in der Schulklasse allerdings von dem Umgang mit Kreide herrühren, erinnern mich an den Akt (und wer mich kennt, weiß, dass weiße Flecken auf meiner Kleidung besonders unangenehm auffallen).

Mittwoch, 12. September 2007

Nationalsozialismus, die 5987637852te

Ich bereite gerade gewissenhaft meinen Unterricht vor, und stelle fest: Die "Empfehlungen zur Lektüre von Ganzschriften" (sprich: Romane am Stück statt nur ausschnittsweise) kann man ganz grob in drei Gruppen einteilen:

1. "Sagen des klassischen Altertums" und ähnliche zwar wichtige aber völlig am Schüler vorbei gehende Texte (darunter fallen auch Goethe und seine Freunde, die zwar völlig in Ordnung sind, aber vom Niveau her einfach zu hoch)

2. "Jugendbücher": auf den unteren Stufen vor allem Uebersetzungen von Abenteuerromanen mit Tieren, später auch Drogen-und Pubertätssachen

und 3. die allseits beliebte Geschichte des dritten Reiches. Ja, meine lieben deutschen Kollegen, die ihr zwar die Notwendigkeit einer Beschäftigung mit dieser Problematik versteht, mir aber auch schon allzu oft geschildert habt, wie übersättigt ihr nach 13 Jahren Hitler wart: Seid informiert, dass auch luxemburgische Schulkinder von diesem Thema nicht "verschont" bleiben...

So werde ich z.B. sowohl "Als Hitler das rosa Kaninchen stahl" als auch "Jugend ohne Gott" mit meinen Schülern lesen, bei dem dritten Titel bin ich mir nicht sicher, obwohl mir "Das kurze Leben der Sophie Scholl" empfohlen wird...

Physikalische Besonderheiten

Ja, ich war wieder mal beim Arzt, nur um zu kucken, ob ich auch wirklich gesund genug bin, zu unterrichten. Wieder wurden meine Augen getestet, aber jetzt habe ich ja eine Brille, haha, und deswegen gab es wirklich gar keine Beschwerden... Was mir allerdings erwähnenswert erscheint, ist folgendes: Während ich im Februar (nachzulesen im allerersten post dieses blogs) noch 188,5 cm groß war und 79 Kilo wog, zeigte hier die Messlatte 187 cm und die Waage 81 Kilo an...
Was los war, ist klar: An der Stelle, wo ich gewogen und gemessen worden bin, herrschte eine stärkere Erdanziehungskraft, die mich zusammenstauchte und mein Gewicht erhöhte. Ich konnte relativ schnell zu diesem Schluss kommen, da mir das Phänomen ausreichend bekannt ist, allerdings in leicht anderer Form: Gerade am Wochenende kommt es zu vorgerückter Stunde oft vor, dass überraschenderweise urplötzlich die Gravitation an einer Stelle so sprunghaft und stark zunimmt, dass man stark ins Schwanken kommt oder gar hinfällt... Meine Leserschaft wird dies bestimmt bereits einige Male am eigenen Leib erfahren haben...
So und das war's auch schon wieder mit Physik, das nächste Mal ist wieder Deutsch dran!

Montag, 10. September 2007

Fast fertig!

So! Ich habe meine alte Stelle gekündigt, habe schon einen Großteil der Schulbücher der Klassen, die ich unterrichten werde, und ich habe sogar schon ein eigenes Fach in der Lehrerkonferenz, mit meinem Namen dran und so...
Leider fehlen mir noch zwei Sachen: ein Vertrag, der mein Hilfslehrerdasein rechtskräftig macht, und: Ahnung, wie man unterrichtet. Diese beiden Tatsachen rauben mir schon so ein bisschen den Schlaf. Die zweite seltsamerweise mehr als die erste. Aber ich habe mir sagen lassen, dass am Anfang jedem der Arsch auf Grundeis geht, und dass niemand gleich zu Beginn so richtig Ahnung hat, was er/sie da so macht. Wie auch? Die pädagogische Schulung fängt ja erst im Januar an, und dann auch immer nur für einen Bruchteil all jener, die gerade angefangen haben, zu unterrichten...
Na ja, wenigstens heißt das für euch, treue Leser, dass ich in näherer Zukunft vielleicht wieder etwas mehr zu berichten habe... Vorausgesetzt, ich finde dann noch die Zeit, es niederzuschreiben. Hmmm, na ja, man kann eben nicht alles haben...

Mittwoch, 22. August 2007

"Brille? X!"

Die erste Runde ist vorbei! History repeats itself! U.S.W.! Was ich hiermit zum Ausdruck bringen will, ist, dass ich, wie schon in meiner allerersten auf dieser Plattform veröffentlichten Nachricht an euch draussen, wieder zum Arbeitsarzt muss! Wieso das denn schon wieder, fragt ihr euch. Nun, ich bin vom Ministerium für Erziehung und Bildung dazu aufgefordert worden, da ich in ein neues Arbeitsverhältnis trete und somit nochmal gecheckt werde. Ja, ihr habt richtig gelesen, ich bin wieder ein Stückchen näher in Richtung Lehrer, Version 1.0 gelangt, da die Regierung jetzt wohl wirklich vorhat, mich als ersten Schritt schon mal als Hilfslehrer einzustellen! Hurra!

Aber zuvor erst zum Arzt. Leser dieses blogs mit sehr gutem Gedächtnis erinnern sich vielleicht daran, dass bei meiner letzten Prüfung meine Sehkraft stark bemängelt worden war, da ich auch keine Sehhilfe als Unterstützung vorweisen konnte (meine letzte Brille ist 15 Jahre alt, und ich hatte im Leben nie das Bedürfnis, mir so ein Gestell auf die Nase zu setzen, ausser gegen die Sonne, natürlich). Diesmal wollte ich mich gegen die Demütigungen und das eventuelle Scheitern bei dieser Gesundheits-Prüfung wappnen, und so beschloss ich, mir einen neue Brille zu besorgen. "Brille?", dachte ich, "X!". (Ich möchte mir keine Beschuldigungen wegen Schleichwerbung gefallen lassen müssen ;) Dies tat ich allerdings nicht, weil ich ein meinungsloses Werbeopfer bin, sondern vielmehr, weil ich mir von dem Besuch der erst kürzlich in Luxemburg eröffneten Filliale dieser Optiker-Kette die Möglichkeit erhoffte, statt in dem omnipräsenten Französisch mal auf Deutsch beraten zu werden. Und tatsächlich nahm sich gleich bei meinem Betreten des Ladens ein unglaublich netter Optiker (Wieso sagen eigentlich manche ganz schreckliche Menschen immer Augenoptiker? Gibt es auch Nasenoptiker? Oder Ohrenoptiker?) meiner an, der nicht nur offensichtlich deutsch, sondern auf jeden Fall auch schwul war. So ist es nicht überraschend, dass er mir gleich mit seiner charmanten Art meine Ängste vor diesen ganzen schrecklichen Maschinen zur Bestimmung der Intensität der Sehschwäche nahm, und auch bei der Suche nach einem passenden Rahmen (ich habe lange gezögert zwischen einem Emo-artigen dicken schwarzen Plastik-Gestell und einer zurückhaltenden dünnen Metall-Umrandung, entschied mich dann aber für letzteres) half er mir, ohne Wünsche offen zu lassen. Zudem ist das Ding jetzt zu 90% kassenunterstützt, nur mein Wunsch nach vollentspiegelten Gläsern führt dazu, ich jetzt eine geringe Eigenbeteiligung (nicht mal 'n Zehner) drauflegen muss. Ein gelunger Abstecher in die Brillen-Welt!

So, jetzt geh ich ein Bier trinken... Konichiwa, bitches!

Donnerstag, 9. August 2007

Man hat ja auf vieles keinen Einfluss...

Erst mal die gute Nachricht: Ich bin mittlerweile auch noch an einer zweiten Schule gebucht, ab September, und habe auch sicher ein Engagement für acht Stunden in "meinem" Gebäude! Allerdings sind das immer noch "nur" die Rektoren mit deren jeweiligem Team, die sich sicher sind, dass sie mich haben wollen. Denn obwohl ich jetzt sogar an zwei Schulen fest im Stundenplan vorgesehen bin, habe ich immer noch keinen Vertrag unterzeichenen dürfen, der dieses Arbeitsverhältnis (und somit vor allem meinen Lohn) sichert. Ätzend! Könnte aber auch daran liegen, dass sie mir den in die jeweiligen Schulen statt nach Hause schicken, und im August ist meist im Sekretariat absolut niemand da, zumindest an meiner "Haupt"-Schule...

Übrigens muss ich an der zweiten Schule dann auch eine Wochenstunde Luxemburgisch unterrichten, bäh! (Wir erinnern uns an meine Abneigung der luxemburgischen Sprache gegenüber, sobald sie ihre Rolle als rein gesprochenes Kommunikationsvehikel überschreitet) Doch ich will mich mal nicht beschweren.

Ärgerlicher war heute folgendes: Ich ging in der Schule aufs Lehrerklo, und natürlich erst nachdem ich fertig war, musste ich feststellen, dass kein Papier da war! Na gut, dachte ich, die Putzfrauen haben halt auch Ferien, und ging dennoch (was blieb mir übrig?) auf die nebenliegende Schülertoilette, um mich wenigstens, wenn auch ein bisschen zu spät, wiederherzustellen. Ich hatte nicht viel Hoffnung, da das Lehrer-WC ja die höheren Hygienestandards haben sollte... Doch siehe da: Klopapier, so weit da Auge reicht! Unverschämtheit, finde ich, aber wenigstens kam ich dann so doch noch auf meine Kosten...

Sonntag, 22. Juli 2007

Exkursion und Exkurs


Am Freitag unternahmen wir einen lange antizipierten Lehrerausflug. Schätzungsweise das halbe Lehrerkollegium, viele Referendare, und einer meiner werten Kollegen und Ich, wir brachen um elf Uhr mit einem Doppeldecker-Bus in Richtung Restaurant auf. Im Bus wurde zur Steigerung der Stimmung gleich Sekt gereicht, was sein Ziel nicht verfehlte, und so stimmten die mittlerweile angefeuchteten Kehlen der jüngeren Teilnehmer der Reise bereits nach kurzer Zeit fröhliche Liedchen an, wo auch ich dank langer Pfadfindererfahrung meist mit einstimmen konnte. Im Speiselokal angekommen speisten wir nach einem weiteren Aperitif sowohl üppig als auch vorzüglich, so dass voller Freude und mit Wiederholung der vorigen Gesangseinlage wieder im Bus zum Spaziergang in den Wald gefahren worden ist. Leider hatte der mittlerweile bei den meisten (nicht allen!) Teilnehmern echt bemerkenswerte Alkoholkonsum zur Folge, dass die Wanderung nicht ganz planmäßig ablief… Die Gruppe wurde immer zähflüssiger, und teilte sich relativ bald in mindestens drei Bruchstücke (muss man so sagen, denn wirklich intendiert war es glaube ich nicht) auf, von denen leider jedes an diversen Weggabelungen einen andere Pfad wählte. Auch die Mobiltelephonkommunikation half nichts, und so fanden wir statt um 18 Uhr erst um 19:30 auf dem Parkplatz wieder, von wo aus der Bus uns nach Hause bringen sollte, der aber natürlich schon längst weg war… Eine weitere halbe Stunde später kam dann der gerufene Notfall-Bus uns abholen, und so ging ein toller Ausflug zu Ende…
Einige der jüngeren Teilnehmer nahmen noch ein gemeinsames Abendessen im "Café du Théatre" zu sich, und ich machte mich auf den Weg quer über den Limpertsberg zu der Kneipe "George and Dragon", per pedes natürlich, da mein Alkoholpegel mittlerweile ziemlich hoch wahr. Da der Weg ziemlich lang war, und ich Durst hatte und aufs Klo musste, beschloss ich nach zehnminütigem Spazieren, die nächstbeste Kneipe aufzusuchen, und so kehrte ich in das "Café des Bons Amis" ein. Fahnen und Fußballschals, die die portugiesisch-luxemburgische Freundschaft preisen, hingen in der ganzen Kneipe, und die Vorherrschaft der Sprache der südwestlichen Küstenbewohner der iberischen Halbinsel zeigte mir, dass ich mich unverwechselbar in einem sogenannten "Portugiesenbistrot" befand, wie es in Luxemburg in fast jedem Dorf eins zu finden gibt, und welche auch in der Stadt sehr verbreitet sind. Ich setzte mich an die Theke und bestellte ein Bier, das mir prompt von einer sehr netten Dame hingestellt worden wurde. Als ich dann so an dem Tresen saß, stürmte ein Kerl rein, der offenbar zur Stammkundschaft gehört, schrie freudig und ließ sich eine Flasche Sekt geben. Meinen verwirrten Blick wahrnehmend, erklärte er auf Französisch irgendetwas von "69. Geburtstag", und wollte mir auch ein Glas Sekt anbieten. Ich lehnte zwar dankend ab, da ich echt schon genug Sekt an dem Tag genossen hatte, war aber ganz gerührt von der Geste und fühlte mich in die portugiesische Gemeinschaft aufgenommen. Integration 2.0 sozusagen…
In diesem Sinne möchte ich auch noch eine Broschüre erwähnen, in der den Bewohnern der Hauptstadt das neu entwickelte Leitbild der Stadt Luxemburg erklärt wird, mit dem sie sich neu auf dem Markt positionieren will. So was macht man wohl heutzutage als Stadt.
Jedenfalls ist ein Teil dieser Unternehmung gewesen, die Stadt mal genauer unter die Lupe zu nehmen und Stärken und Schwächen zu isolieren, und dabei heraus kam, unter sehr vielem Anderen, dass "ausländische Mitbürger […] integraler Teil der Luxemburgischen Identität [sind] und […] als solche noch stärker als bisher in die Gesellschaft integriert werden [müssen]". So heißt es ferner: "Publikationen und andere Kommunikationsmittel werden deshalb grundsätzlich in mindestens zwei Sprachen (DE / FR), vorzugsweise aber in vier Sprachen (DE / FR / EN / P) angeboten." Sehr löblich, was ich aber hier erwähnenswert finde, ist, dass in der viersprachigen Version mit Englisch und Portugiesisch zwei Sprachen Platz finden, die keine offiziellen Amtssprachen sind, während Luxemburgisch nicht gedruckt wird. Sehr gut, wie ich finde, da es geschrieben unnötig kompliziert und anstrengend ist, diese Sprache zu benutzen.

Somit bin ich auch schon bei drei Formulierungen, welche mir in letzter Zeit aufgefallen sind, und auf die ich jetzt endlich mal näher eingehen will: "beis", "rau", und "d' Sau / d' Sei". [Wie eben schon erwähnt, ist Luxemburgisch unnötig kompliziert, wenn es geschrieben wird, und deswegen habe ich es mir auch nie richtig angeeignet. Somit ist meine luxemburgische Orthographie höchstwahrscheinlich in 75% aller Fälle falsch, aber das tangiert mich analperiphär.] Die beiden erstgenannten Adjektive heißen eigentlich, wer hätte es erwartet, "böse" und "rau", doch wird mit "beis" auch vieles beschrieben, was im deutschsprachigen Raum als "krass" bezeichnet würde. "Rau" genannt wird jemand, der besonders cool rüberkommen will. Das ist ja noch harmlos. "D'Sau" allerdings heißt wortwörtlich genau das gleiche wie im Deutschen, bezeichnet also das Mutterschwein, im Luxemburgischen wird es aber oft einfach als Substitut für das Personalpronomen der dritten Person benutzt, und das auch für das Neutrum, und das alles ohne dass sich irgendjemand daran stören würde. So könnte man sich durchaus diese schöne Äußerung vorstellen: "Ich kann die Sau absolut nicht haben. Die Sau versucht ständig, rau zu sein. Was für ein Depp, aber ich muss neidlos zugeben, sein Auto, die Sau ist echt böse…" (In etwa: "D'Sau geet mer guer net. D´'Sau probeiert permanent , rau ze sin. Waat e Kallef, mee ech muss zwar soen, sain Auto, d'Sau ass beis…")
Das war jetzt ein linguistischer Super-GAU, ich weiß, aber ich hoffe, ihr versteht, was ich meine…

Noch ein kleiner Themenwechsel zum Schluss: Ich habe in letzter Zeit beim Weggehen immer wieder Mandy aus "Germany's Next Topmodel" gesichtet. Sie ist sehr groß und schlank, ich habe sie aber auch schon beim Essen beobachten können. Alles in allem waren es keine besonders aufregenden Momente für mich, aber ihr hat es glaube ich gefallen…

Donnerstag, 12. Juli 2007

Dies und das

Eins vorweg in persönlicher Angelegenheit:
Sogar der selbsternannte Kreuzritter in Sachen Grammatik und Orthographie Bastian Sick, der ja nun mal, was die kreative Eigenleistung angeht, echt ein armes Würstchen ist, hat mehr Respekt verdient als Individuen, die fremder Leute blog ausschließlich auf Unaufmerksamkeitsfehler durchlesen, um sich dann anonym und ohne eine echte Alternative, in Form eines eigenen blogs zum Beispiel, in abfälligen Kommentaren profilieren.
So, und jetzt zu Sinnloserem...

Letzte Woche kamen mir zwei Äußerungen zu Ohren, die ich euch nicht vorenthalten will:
Das erste Zitat entstand beim nachmittäglichen Basketballspielen in der Turnhalle der Schule. Auf dem Feld agierten ein paar Sportlehrer, deren Freunde und entfernte Bekannte, und ich, und während einer Spielpause stellte ein den veranstaltenden Turnmeistern wohl nicht ganz so nahe stehenden Spieler, als er Kreidespuren am Hintern des angesprochenen Lehrers entdeckte, ganz harmlos die als Smalltalk-Beginn intendierte folgende Frage: "Aber du bist jetzt nur Sportlehrer, oder unterrichtest du auch richtig?" Leider bin ich nicht fähig, die entgleisten Gesichtszüge des Angesprochenen zu beschreiben, oder die alles nur noch schlimmer machenden Erklärungsversuche des Sprechenden zu rekonstruieren, aber es war ein Fest!

Der zweite Satz, den ich zitieren will, wurde in der aufgrund geographischer Nähe und "Herkunft" des Großteils der Besucher den Titel "offizielle Schulkneipe" verdienenden Kaschemme geäußert: "Ich freue mich echt über jedes Jahr, das vorbei ist" Ein Satz, den man aus Schülermund oder auch von gestandenen, etwas betagteren Lehrern erwarten könnte. Was mich allerdings erst schockte, war, dass ihn eine Referendarin, die ich echt gut leiden mag, produzierte. An sich ist das meines Erachtens nach eine furchtbare Einstellung, die damit an den Tag gelegt wird, doch besagte Kollegin meinte allerdings ihr Referendariat, was echt ätzend zu sein scheint. Puh, Glück gehabt.

Montag, 2. Juli 2007

Das Land der Schlichter und Banker

Der Titel des heutigen Eintrags in mein Netz-Logbuch, so wunderbar er ist, und treffend dazu, stammt leider nicht aus meiner Feder, sondern entspringt der Tastatur Marcus Stölbs, der in der Märzausgabe der Bildungsbürgerbibel MERIAN, die ausschliesslich dem Großherzogtum gewidmet ist, einen gänzlich wunderbaren Artikel über die Wechselbeziehung zwischen dem Luxemburger und Europa verfasst hat. Auch wegen dem Rest des Magazins, den Fotos sowie den Artikel, kann ich die Nachbestellung dieser Ausgabe jedem ans Herzen legen, der sich für Luxemburg interessiert.


Eine Tendenz, die ich letzter Zeit in Kommunikation (verbal und schriftlich) mit Nicht-Luxemburgern feststellen konnte, und die auch die Redaktion von Merian nicht ganz verschonte, ist, dass Luxemburg oft als Projektionsfläche für den Betrachter genutzt wird. Lasst mich erklären: Jede Nation ist meines Erachtens nach ein Konstrukt von unglaublicher Komplexität, dem man eigentlich mit keiner Verallgemeinerung gerecht werden kann. So auch meine Heimat. Da Luxemburg nun aber so klein ist, und eh niemand so richtig was darüber weiss, werden einfach die eigenen Wünsche, Ängste, und Hoffnungen dem Großherzogtum und seinen Bewohnern angedichtet. So habe ich z.B. einen Bekannten, der seit seinem einzigen Luxemburg-Besuch immer nur vom "Playmobil-Land" redet, weil er findet, es sei alles so sauber, und es gäbe "Tele-Tubbies"-Hügel. Hä? Dann hörte ich von Schweden, die eine Autofahrt durch Luxemburg als eine "Fahrt durch den Märchenwald" bezeichneten, was ich auch nicht wirklich nachvollziehen kann, vor allem, weil man deren Land ja so einiges in der Richtung nachsagt... Na ja, wenigstens sind es meist positive Sachen, die dann so geäußert werden, also will ich mich mal nicht beschweren.


Zu meinem anderen Schwerpunktthema:

In exakt einer Woche ist der letzte offizielle Schultag, und dementsprechend herrscht Endzeitstimmung. Keine apokalyptische, so mit selbsternannten Propheten, die oberkörperfrei und sich geißelnd durch die Gegend laufen, leider, dennoch ist das nahende Ende an allen möglichen Ecken zu spüren. Schüler und Lehrer sind erschöpft, leicht reizbar, und JEDE Unterhaltung endet mit "Ach, in einer Woche ist alles vorbei"...
Und obwohl ich selber noch einigermaßen fit bin, da ich ja später im Schuljahr erst angefangen habe, und eh eine Frohnatur bin, muss ich leider neuerdings öfter mittels Strafen die Ruhe in einer Klasse wieder herstellen. Dazu zwei Beobachtungen: 1. Es klappt erschreckend gut. Während die bloße mündliche Aufforderung an eine Klasse, ruhig zu sein, und sogar die Ankündigung einer Strafe, kaum Wirkung erzielt, so wird nach dem Verteilen einer ersten solchen alles anders. Man hat bewiesen, dass man es ernst meint. Ich finde das albern und schade, aber so ist es nunmal. Ich trage übrigens immer das Abschreiben von Wikipedia-Einträgen zum Thema (letztens z.B. "Gummiringe", da diese permanent als Geschosse missbraucht wurden) auf.
2. Leider trifft es nie den Richtigen. Wenn man vor Maßnahmen warnt, bzw. mit welchen droht, hat man ja meist bestimmte Kandidaten im Auge. Diese benehmen sich dann meist, und andere, die glauben, man meine nicht sie (Obwohl die gängige Formulierung ja ist: "Wenn ich jetzt noch irgendjemanden erwische...."), sind dann die, die es trifft, denn man will ja alle gleich behandeln, und eine Ausnahme zu machen wäre inkonsequent. Blöd, eigentlich.
So, das war's auch schon für heute, ich wollte nur noch am Rande erwähnen, dass gestern der "Muss auch in der Verwaltung helfen"-Teil meines Arbeitsverhältnisses zum ersten Mal so richtig genutzt worden ist, und ich 800 beglaubigte Kopien von Abi-Zeugnissen stempeln musste, wovon mir immer noch die Hand schmerzt... Man hat's nicht leicht!

Donnerstag, 21. Juni 2007

Feiern

Wer sich dieses Wochenende nach Luxemburg verirrt, wird Zeuge eines typischen luxemburger Verhaltens: das Feiern. Doch wieso wird dieses Wochenende besonders viel gefeiert?


Einerseits sind jetzt endlich die Abi-Prüfungen vorbei. Seit gestern. Ich erwähne dies an dieser Stelle so erlöst, da ich in den mündlichen Prüfungen manchmal bis spät in den Nachmitag hinein die Vorbereitungen aufsehen musste, was doch sehr an meinen Kräften zehrte. Jedenfalls ist es jetzt vorbei, und die jungen Hüpfer feiern natürlich ordentlich. Der traditionsbewusste Abiturient fährt schnurstracks nach Lloret del Mar, um verdünnte Alkoholika zu trinken, bis trotz der Verdünnung erbrochen wird, um nachher, mit dem bitteren Geschmack der Galle noch im Mund, sexuelle Kontakte mit ebenfalls nach Erbochenem riechenden Vertretern des anderen Gechlechts zu knüpfen. Es gibt jedoch auch Examinierte, denen dieses Verhalten nicht zusagt, und die lieber hier in Luxemburg mit unverdünntem, wenn auch etwas teurerem Alkohol die Leber strapazieren.


Die Zuhausegebliebenen werden allerdings auch viel erleben, feiern wir doch dieses Wochenende den luxemburgischen Nationalfeiertag. Wikipedia erklärt uns, was an einem solchen Tag im allgemeinen gefeiert wird: "Viele Staaten begehen ihren Nationalfeiertag am Gründungstag der Nation beziehungsweise Erlangen der Unabhängigkeit, dem sog. Unabhängigkeitstag. Es gibt auch Nationalfeiertage, die sich auf den Ausgang eines Krieges beziehen, wie z. B. der Tag des Friedens oder auch Tag des Sieges." Wir Luxemburger machen es allerdings ein bisschen anders: Die Grossherzogin, die während der Naziokkupation des Landes das Zepter schwang (und trotz damaliger Flucht über Paris nach London von manchen noch heute fast als Heilige verehrt wird), hatte am 23. Januar Geburtstag. Diesen Tag hat man sich dann als Nationalfeiertag auserkoren. Nach einiger Zeit merkte man allerdings, dass es Scheisse ist, einen Nationalfeiertag im Winter zu haben, da man sich dann beim Feuerwerkanschauen draussen den Arsch abfriert. Also hat man den Termin einfach um fünf Monate verschoben. Fünf Monate! Kein halbes Jahr, bitte, das wär ja albern! Also: 5. Gut. Und deswegen feiern wir Luxemburger jetzt immer fett am 22.06. (Vorabend des eigentlichen Feiertages).
Da aber dieses Jahr "Luxemburg und die Grossregion" (so der offizielle Titel) Kulturhauptstadt ist, wird etwas mehr gemacht. Gestern war z.B. "Fête de la musique", und so war überall wat los. Endlich konnte ich auch "Toxic René" live on stage sehen, ein Künstler, der in Luxemburg auf dem geraden Weg zur Unsterblichkeit ist, und der mit seinem neuesten Song seine Meinung ausdrückt, der Klimawandel werde durch eine sehr heisse Frau namens "Vanessa" verursacht.
So, und ich muss schon wieder gehen, denn man will ja nix von der Fete verpassen... Vive den Grand-Duc, vive eist Land!

Dienstag, 12. Juni 2007

post-Bank

Am Freitag war ich auf der Post, unter anderem, weil ich nach fast anderthalb Monaten seit der Anfrage immer noch kein funktionierendes Festnetztelephon habe, von Internet ganz zu schweigen. Aergerlich, aber in Deutschland ist die Telekom ja auch nicht besser...
Doch mein eigentliches Anliegen waren meine Kontoauszüge. Jedes einzelne Mal, wenn ich Geld abhebe, überweise, oder überwiesen bekomme, bekomme ich eine Benachrichtigung, auf Papier als Brief, so richtig mit Umschlag und allem. Als ich das Thema am Schalter ansprach, da ich das vielleicht irgendwie ändern lassen wollte, meinte der Typ nur: "Das kann man nicht ändern, aber keine Angst, das kostet sie nichts, das kostet uns ja auch nichts, wird sind ja die POSTbank". Toll. Die haben wohl Papier auch umsonst. Als ich ihn auf die ökologischen Nachteile des Mitteilungseifers ansprach, erwiderte er trocken: "Das wird alles recycelt, keine Sorge". Na dann bin ich aber beruhigt.

Montag, 4. Juni 2007

Vergangenheit und Zukunft

Schöner Titel, wa?
Also, letzte Woche war ich bei meiner Freundin in Norwegen auf einer Bio-Farm ohne fliessendes Wasser und Strom zu Besuch, da dies aber nichts mit der Sache hier zu tun hat, an dieser Stelle nur ein Zitat, weswegen ich meine Liebste noch mehr liebe: "Dieser blöde Knut! Also wenn man sich diese künstliche Hysterie wegen eines Tierbabys mal ansieht, versteht man auch, wie sich Deutschland für den Nationalsozialismus hat faszinieren lassen!" Da habe ich nichts hinzuzufügen.
Die Woche davor allerdings führte ich ein Telephongespräch, welches mein Leben verändern wird. Mein Chef rief nämlich an, und frug, ob ich denn jetzt ab September unterrichten will oder nicht, es wäre für die schulinterne Organisation schon besser. Dazu ein paar erklärende Worte. Das Referendariat fängt hierzulande im Januar an. Das Schuljahr im September. Also konfrontiert man entweder die lieben Kinder ab 08.01. mit neuen Lehrern (Referendare), oder man stellt diese neuen Lehrer schon zuvor als "chargés" ein (dazu habe ich mich schon in einem anderen Eintrag auf dieser Seite ausgelassen), damit man eine gewisse Kontinuität und kein Chaos bei den Stundenplänen hat. Ich soll also ab September unterrichten, damit, gesetzt der Fall, ich schaffe den "concours" diesmal, ein nahtloser Uebergang zwischen dem ersten und zweiten Semester stattfinden kann. Eingentllich logisch und cool. Leider verdiene ich dann von September bis Januar kaum was, das man ja als "chargé" pro Unterrichtseinheit bezahlt wird, und das Unterrichtsontigent eines Referendars, das man ja dann hat, gering ist. Dilemma! Ich aber zeigte Mammon die kalte Schulter, und wählte den Unterricht! Wenn man jetzt bedenkt, dass es nur noch 5 Wochen bis zu den Sommerferien sind, und die, also die Sommerferien, ja quasi nicht zählen, könnte man diesen blog schon fast unter dem Titel "Lehrer, Version 0.91" betreiben. Aber so euphorisch wollen wir erst werden, wenn es dann so weit ist.

Dienstag, 22. Mai 2007

Prüfungen



Das Leben besteht ja bekanntlich aus einer endlosen Reihe von Prüfungen. Es beginnt mit "Drum prüfe wer sich ewig bindet" (ja, das ist theoretisch der Anfang eines jeden Lebens, zumindest wenn man brav christlich lebt ;), und endet damit, dass der Puls geprüft wird, der dann ja meist nicht mehr da ist, und das war's dann…
Ich bin auch letztens geprüft worden, und zwar auf Drogen. Gefilzt wäre wohl die angebrachtere Vokabel (die Vokabel? der Vokabel? das Vokabel?), aber dann wäre ja der rote Faden verloren, denn ich hier notfalls mit Gewalt durch den Eintrag ziehen will. Und zwar war ich mit dem Auto nach Strassburg unterwegs, und an der letzten péage-Stelle (péage = Maut, für die, die's nicht wissen) wurde ich von französischen Zöllnern an die Seite gewunken, und sie begannen ihr unglaublich albernes Spielchen: erst darf man nicht aus dem Auto steigen, dann muss man, während man seine Taschen leert und seine Schuhe ausziehen muss wird man nach dem Abfahrtsort, dem Ziel, und dem Grund der Reise gefragt (was die meines Erachtens nach einen feuchten Kehricht angeht), und danach, ob man einen Beruf ausübt, und wenn ja, welchen (Kehricht #2), und die Hammerfrage ist dann immer, ob man Rauschmittel (=stupéfiants, wie ich in dem Gespräch in Erfahrung brachte) bei sich führe… Da ich diese Frage, die natürlich nie ein Mensch im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte jemals bejahen würde, wahrheitsgemäß verneinen konnte, war ich von der Routine schwer genervt, vor allem, da ich in Straßburg einen Termin hatte, und natürlich spät dran war. Die Herren, vier an der Zahl, liessen sich davon unbeeindruckt viel Zeit, durchwühlten mein Gepäck, öffneten die Motorhaube, und bauten die hinteren Sitze halb aus, während ich die ganze Zeit mit mir rang, ihnen nicht "HOLT JETZT ENDLICH EINEN VERDAMMTEN KöTER, DER CHECKT SCHNELLER, DASS DA NIX IST" in ihre albern uniformierten Fressen zu brüllen, was sicherlich die Dauer der Prüfung nicht verringert hätte. Als sie dann keine Lust mehr hatten, da ihre Suche keinen Erfolg versprach, entschuldigten sie sich natürlich nicht, und ich fuhr wutschnaubend weiter. (Der Termin war eine Stunde später, als ich dachte, ich war also trotz Räuber-und-Gendarm-Spiel rechtzeitig da…).

Eine andere Form der Prüfung, die ich und der Großteil meiner klugen und alten Leserschaft schon mit Erfolg hinter sich gebracht haben, ist das Abitur (auf luxemburgisch Première, was ungefähr "Prömmiääär" ausgesprochen wird). Hierzulande hat diese Prüfung in ihrer mündlichen Form am Freitag angefangen, und beim Verfassen dieser Zeilen beaufsichtige ich gerade einen Kandidaten, der seine zwanzig Minuten Vorbereitungszeit hoffentlich sinnvoll nutzt. Er ist einigermaßen entspannt, das habe ich aber jetzt auch schon anders erlebt. Doch meine beruhigende, charmante Art hilft natürlich sehr, da vor allem die jungen Damen mal etwas aufgeregt sind. Ich biete dann einen Drink an, lächle entschuldigend ob der Tatsache, dass ich in Wirtschaftsmathematik noch weniger Ahnung habe als sie, und deshalb nicht helfen kann, und schon ist das Eis gebrochen, und die Blockade im Kopf gelöst…

Eine Prüfung für meine Nerven war bis vor ein, zwei Wochen immer eine Klasse der achten Stufe, deren Klassenzimmer sich gleich gegenüber von unserem Büro befindet. Ich habe mir dann den Rat meines Kollegen zu Herzen genommen, statt krampfhaft zu versuchen, Disziplin "von oben" herzustellen, Gespräche mit den Alpha-Männchen anzufangen, in denen ich sie über ihre Hobbys ausfrage. Dies klappt erstaunlich gut, obwohl ich, da das Interesse natürlich nicht gefaked sein darf, und dadurch ein Austausch beider Seiten stattfindet, meinem Geschmack nach etwas zuviel Persönliches preisgebe. Immerhin sind sie jetzt während meiner Aufsicht im allgemeinen stiller als letztens während einer Klausur (!) in Religion gewesen. Ha!

Dienstag, 15. Mai 2007

Verschiedenes

Moin.
In Luxemburg gibt es bei McDonald's den leckeren 1€-Chickenburger nicht. hmpf!
Ausserdem gibt es keinen IKEA, zumindest theoretisch nicht. Die wollten nämlich keinen, von der Regierung her. Da haben die Schweden gesagt:"Wir sind aber schlauer", und haben einen direkt hinter die Grenze, in Belgien, gebaut. Den kann man aus Luxemburg-Stadt und näherer Umgebung in weniger als 'ner Viertelstunde mit dem Auto erreichen, man sieht ihn schon bevor man die Grenze überquert hat, und die haben sogar Lautsprecherdurchsagen auf Luxemburgisch da... Ich glaube, in der Wirtschaft nennt man so was "Outsourcing", aber das geht irgendwie anders. Lustig ist es auf jeden Fall...
Was das Lehrertum angeht: Ich habe natürlich den an dieser Stelle schon viel diskutierten "concours" nicht geschafft, das muss ich jetzt wohl im Herbst machen... Dieses Scheitern scheint aber niemanden davon abzuschrecken, mir alles mögliche zum Korrekturlesen hinzulegen, was mir zwar unheimlich schmeichelt, mich dennoch verwirrt: Es gibt doch auch genügend "fertige" Deutschlehrer hier, oder? Egal....
Ich habe auch schon eine Strafe verteilen müssen, was mir sogar am Anfang moralische Pein verursachte, darüber bin ich aber schon wieder hinweg. Die Abstumpfung, die ich als Grund für mein selteneres bloggen vermutete, hat also schon begonnen.
Gut, und das war's auch schon wieder, viel Spass (übrigens gibt es auf luxemburgischen Tastaturen kein sog. "scharfes S", fällt mir gerade ein, da "Spass" natürlich eins bekommen würde) im weiteren Leben...

Freitag, 27. April 2007

Mal wieder was…



Bevor ich heute anfange, möchte ich ein paar Gedanken loswerden, welche mit der Frequenz der Neuveröffentlichungen auf dieser Seite zusammenhängen:
Ich finde es erschreckend, wie schnell ich im Schulbetrieb eine Routine bekommen habe. Dass zum Beispiel Lehrer vergessen, uns, oder wenigstens den Schülern, die Klassenarbeiten nachmittags bei uns nachschreiben, die Unterlagen ebendieser Klassenarbeiten zukommen zu lassen, hat mich am Anfang jedes Mal vollkommen aus der Bahn geworfen. Heute hatte ich den Fall gleich doppelt, und mir entfuhr nur ein müde-belustigt-genervtes (ja, das geht) "Ah, das ist ja mal was neues!". Der Punkt, den ich damit machen will, ist, dass in letzter Zeit zwar nicht weniger objektiv erwähnenswerte Sachen passieren, sondern nur, dass ich mich so langsam daran gewöhnt habe, und deswegen nicht immer alles gleich aufschreibe… Aber ich werde mich wieder erholen, keine Angst!

Wollen wir also damit beginnen, das Highlight der KW 22 (war, glaub' ich, die letzte) nachzuerzählen: Bereits zu Beginn der Woche huschte ein Geist des Unmuts durch die Lehrerkonferenz, und mir wurde gegen Mittwoch klar, was denn los war: Am Ende der Arbeitswoche war ein Fortbildungstag für das gesamte Lehrerkollegium geplant. Nun habe ich bereits in meinem Elternhaus feststellen können, dass Lehrer äußerst ungern selber belehrt werden, und so wunderte mich die Verärgerung über den anstehenden Unterricht nicht. Was ein weiteres meiner Vorurteile bestätigte, war, dass ich in meiner mir eigens für den Tag neu angepassten Aufgabe als Empfangsdame für die Referenten ausschließlich Personen aus dem deutschsprachigen Raum (BRD und Schweiz) Willkommen heißen durfte. Der Franzose bevorzugt also, schloss ich, immer noch schön den Frontalunterricht mit gelegentlicher Prügelstrafe. Jedenfalls stellte das Feedback diese Woche den Tag am Ende für alle Beteiligten doch als ein eher gelungenes Unterfangen dar, wozu sicherlich das sommerliche gemeinsame Mittagessen im Pausenhof, das der ganzen Chose das Gefühl eines Betriebsauflugs verliehen hat, nicht unwesentlich beigetragen hat.
Mittags bin ich dann aber mit einigen Schülern (zum ersten Mal ganz alleine, hui!) auf eine Besichtung einer mir immer noch völlig rätselhaften Institution gegangen (CERP Tudor, für den, der's googeln will), was größtenteils reibungslos ablief. Alleine fand ich es gleichzeitig schmeichelhaft und doch beunruhigend, als unsere Kontaktperson in dieser Institution am Anfang mich als offensichtlichen Wortführer darauf ansprach, wo denn unser begleitender Leiter oder Lehrer sei…

Diesen Montag habe ich dann endlich meine süße kleine Wohnung beziehen können, was sicherlich auch ein Grund für meine erneute kurzeitige Abwesenheit von den Schreibmaschinentasten gewesen ist. Der Einzug verlief problemlos, was als Grund haben könnte, dass es eben kein "Umzug" war, da ich kaum Möbel in der neuen Wohnung habe. Bett habe ich neu bei Ikea gekauft, muss ja sein, und Schreibtisch, zwei Stühle, fertig! Am Wochenende nehme ich allerdings noch ein Regal mitsamt Inhalt aus Freiburg mit…
Von meinen Nachbarn kann ich bisher nur folgende nette Anekdote berichten: Als ich so am Montagabend durch das Auspacken bedingt mehrere Male durchs Treppenhaus lief, fiel mir auf, dass am Ende des Korridors relativ laute Techno-Musik aus einer Wohnung drang. Als ich ein weiteres Mal vorbeilief, stand ein Typ Anfang zwanzig im Hemd mit Krawatte (offensichtlich in einer Bank arbeitend) an die Tür hämmernd da, und ich dachte schon "Der ist aber noch ein bisschen jung, um an einem Abend vor einem Feiertag wegen der Lautstärke der Musik zu motzen". In der Sekunde, in der ich in diesen Gedanken zu Ende geführt hatte, sah er mich, grüsste mich erleichtert, und frug, ob ich nicht vielleicht eine Flasche Vodka entbehren könne... Leider musste ich ihm erklären, dass ich aufgrund meines gerade noch stattfindenden Einzugs keine harten Alkoholika da habe, dennoch fand ich dies einen sehr sympathischen ersten Kontakt zu den Nachbarn!

Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass sich uns bereits ein neuer Kollege vorgestellt hat, der höchstwahrscheinlich diese Woche noch unsere Reihen stärken wird. Ich ziehe an dieser Stelle den Hut vor solch organisatorischer Effizienz, wer sie auch immer verursacht hat.

Und schon bin ich wieder weg…

Dienstag, 24. April 2007

back from the undead...

So, da bin ich wieder! Ich hatte ja angekündigt, dass ich wegen des "concours" weniger Zeit haben werde, zu schreiben, und so ist es auch gewesen. Zum Verlauf dieses Examens will ich hier nicht allzuviele Worte verlieren, da es mir aufgrund der mir ungewohnten Form der Prüfungen absolut unmöglich ist, meine eigene Leistung einzuschätzen... Dazu vielleicht mehr, wenn die Resultate kommen.

Nach der durch die Ferien und die Examen bedingte längere Kontaktlosigkeit, was Schüler betrifft, freute ich mich fast, mit dem Menschenmaterial meiner Wahl wieder zu tun zu haben. Am Dienstagmorgen bin ich also gleich in eine lehrerlose Klasse, um Aufsicht zu halten, und hatte eine etwas befremdende Erfahrung. Die Klasse, eine Neunte, war die ganze Stunde über so leise, dass ich dachte, ich sei taub. Sie saßen friedlich in den Bänken, sprachen mit gedämpften Stimmen, und standen nur selten auf, um sich die Mathehausaufgaben zum Abschreiben auszuleihen. Gespenstisch. Ich erwähnte dies im Kreis der Kollegen, und man teilte mir mit, die Klasse sei bekannt dafür, ruhig zu sein. Sachen gibt's!

Heute ist dann auch der erste Tag wo wir wieder nur zwei Asspégiques sind. Grund dafür ist, dass uns der Dritte im Bunde wegen eines anderen Jobs kurzfristig verlassen hat. Und wenn ich sage "kurzfristig", meine ich, dass er uns allen (inklusive der Verwaltung und Leitung der Schule) gestern eröffnet hat, dass sein Vater ihm eine Stelle angeboten habe, und dass er jetzt schnellstmöglich da anfangen würde. Und da unsere Schule so locker geführt wird, ist das kein Problem gewesen. Mann soll mir an dieser Stelle keine Bitternis bezüglich dieses plötzlichen Verlustes nachsagen, ich mochte den Kerl zwar gerne, aber auch ohne ihn bringe ich es noch fertig, diesen blog zu verfassen, während mein Kollege neben mir youtube-Videos schaut. Und wir kriegen ja vielleicht auch bald wieder eine neue Hilfe…

Ich will allerdings nicht behaupten, wir langweilten uns. Ich musste gerade die Niederschrift dieser Zeilen unterbrechen, da mich der Konrektor zu sich zitiert hat. Ich solle von fünf Schülern noch Fotos für die Schülerkarte schießen, sprach er, drückte mir eine Digitalkamera in die Hand, und eine Liste mit den betroffenen zukünftigen Models, und entließ mich. Ich kann nur sagen, dass es ungemeinen Spass macht, in einen Klassensaal reinzuplatzen und zu sagen, man müsse eine/n Schüler/in fotographieren. Das Gekicher, die Ratlosigkeit der Lehrer und Betroffenen, herrlich! Und dennoch, obwohl meine Fotos sehr gut geworden sind, werde ich keine Zweitkarriere als Fotograph anstreben...

Dienstag, 10. April 2007

Erklärung

Meine geneigte und bestimmt auch sehr attraktive und intelligente Leserschaft dürstet sicherlich nach neuem Material meinerseits, aber momentan sind ja bekanntlich Osterferien, und deswegen gibt es nicht viel zu berichten.
Ich bin in Oslo gewesen, bei meiner Freundin, aber das geht niemanden was an, und ansonsten gammel ich jetzt im Büro rum, da ich zwar in der Schule sein muss, es aber nichts zu tun gibt. Wenigstens kann ich mich so auf den tollen "Concours" vorbereiten, der nächste Woche stattfindet. Dazu ein paar erklärende Worte: Um in Luxemburg ins Referendariat zu kommen, muss man nicht nur auf Lehramt studiert haben, und alles mögliche nachweisen (an anderer Stelle in diesem blog wies ich auf Französischtests und ähnliches hin), sondern auch noch einen der begrenzten Plätze erwischen, und zwar dadurch, dass man sich gegen eine grosse Konkurrenz in einem zusätzlichen fachbezogenen Examen durchsetzt (in meinem Fall gibt es jetzt 5 Plätze und 25-30 Anwärter). So weit, so gut, wie schon Shakespeare sagte. Die grosse Ironie ist allerdings, dass man durchaus unterrichten darf, wenn man sich nicht in diesem Auswahlverfahren hervortut, und in der Regel unterrichten solche Menschen sogar mehr als Referendare. Es ist nämlich so, dass man als "chargé de cours", wie der Status heisst, wenn man noch nicht Referendar ist, aber trotzdem unterrichtet, pro Unterrichtsstunde bezahlt wird, was zum Resultat hat, dass diese Leute natürlich möglichst viel unterrichten wollen. Die Referendare hingegen bekommen ein festes Gehalt (ich nenne keine Zahlen, aber es ist das dreifache (!) eines deutschen Referendaren-Gehaltes), und haben ein sehr begrenztes Unterrichts-Kontingent, da sie ja nebenher auch noch pädagogisch geschult werden.
Dazu möchte ich keinen weiteren Kommentar abgeben, meine werte Leserschaft wird sich sicherlich ihre eigenen Schlüsse ziehen...

Montag, 26. März 2007

Amok

Gestern morgen hielt ich Aufsicht auf einer achten Klasse, die statt Englisch Latein lernt (Kurze Erklärung: in Luxemburg lernt man ab der 1. Deutsch, ab der 2. dann zusätzlich Französisch, und dann erst in der 8. entweder Englisch oder Latein). Diese Klasse (8., Latein) ist jedes Jahr die bravste, da sie ja noch präpubertär ist und nur aus Schülern aus gutem Hause (in dem die Eltern Bildungsbürger sind, die deshalb wollen, dass ihr Kind erst mal Latein lernt) besteht.
Als ich mich aber dann nach einer Viertelstunde vom Lehrerpult erhob, um einen kleinen Inspektionsgang durch die Klasse zu machen, staunte ich nicht schlecht, als ich in den Händen einer 14-jährigen Schülerin das Magazin "Caliber" sah, in dem es ausschliesslich Schusswaffen zu begutachten gibt. Gerade schaute sich ebendiese Schülerin einen Artikel über eine schicke Handfeuerwaffe an. Ich erschrak, dachte gleich an schülerischen Amoklauf, und als ich sie darauf ansprach, meinte sie nur, ich brauche mir keine Sorgen zu machen, Waffen würden lediglich eine gewisse Faszination auf sie ausüben. Um den Hals trug sie tatsächlich einen mit Swarowski-Steinen besetzten Anhänger in Form einer Pistole, wie sie sich gerade eine im Magazin angekuckt hatte.
Etwas beunruhigt zwar, aber dennoch nicht so weit schockiert, dass ich jetzt gleich den schulpsychologischen Dienst auf die Arme hetzen wollte, setzte ich mich wieder ans Lehrerpult. Am Ende der Stunde warnte ich die Waffenfanatikerin nochmal, dass sie nachsitzen müsse, wenn ich sie auch nur ein einziges Mal amoklaufend erwische. Diese Drohung schien gewirkt zu haben (falls sie denn je vorhatte, wild um sich schiessend durch die Schule zu ziehen), denn heute war der letzte Schultag vor den Osterferien, und ich hörte von keinem Zwischenfall...

Europa

Da ich bemerkt habe, dass politische Themen hier besonders gut ankommen, will ich hier eine kleine Anekdote erzählen, die mir praktischerweise am Freitag passiert ist:
Ich fuhr mal wieder mit dem Auto von Luxemburg nach Freiburg, durch Frankreich natürlich, und als ich zwischen Kehl und Strasburg die sogenannte "Europabrücke" überqueren wollte, war sie gesperrt, da es eine Frontalkollision zwischen einem PKW und einem Laster mitten auf dem Scheitelpunkt der Brücke gegeben hatte. Lustigerweise standen am Brückenanfang (auf der französischen Seite, wo ich gestrandet war) ein paar Luxemburger rum, die auf meine Befragung hin ihren Status als Hauptzeugen des Unfalls als Grund für ihr Vorhandensein angaben. Ich musste eine andere Brücke zur Ueberquerung des Rheins benutzen, und war kurze Zeit später in Freiburg.
Als ich die Geschichte meinem Kumpel M.K. berichtete, fand er, dass die Kollision auf der Europabrücke als eine Metapher für das Scheitern der europäischen Idee gedeutet werden könne. Diese Interpretation finde ich lustig und nicht allzu weit hergeholt, ich frage mich nur: Wieso ist dann Luxemburg Hauptzeuge des Unfalls?

Dienstag, 20. März 2007

Luxemburgensia



Es ist an der Zeit, ein paar allgemeine Beobachtungen zu dem Land abzulassen, in dem ich jetzt lebe.
Erstens möchte ich festhalten, dass es mich tierisch nervt, dass viele von den vielen Tausenden Franzosen, die in Luxemburg arbeiten (womit ich gar kein Problem habe), sich benehmen, als wäre Luxemburg eine zwar minderwertige, aber trotzdem zur "Grande Nation" gehörende Provinz. Schlimm ist vor allem, dass ganz viele meiner Mitbürger dies als selbstverständlich annehmen. Dies äußert sich in vielerlei Hinsichten, beginnend damit, dass sich Leute, obwohl alle der luxemburgischen Sprache mächtig sind, auf französisch unterhalten, um irgendwie toller zu klingen, und findet seinen momentanen Höhepunkt darin, dass man von manchen als ungebildet oder prollig angesehen wird, wenn man nicht alle Details der von den Franzosen als weltweit wichtigstes Ereignis der Dekade propagierten Wahl ihres Premierministers (von ebensolchen Individuen nur "Présidentielles" bezeichnet) kennt. Ich möchte von diesen Deppen mal, ganz kurz nur, erklärt bekommen, was in der deutschen Politik unter "Jamaika" oder "Ampel" verstanden wird. Na? Also, schweigt, ihr Francophilen!

Einen zweiten Diss möchte ich loswerden an die Adresse von uni.lu. Dies ist der großartige Name, den sich die Leute ausgedacht haben, als sie das völlig hirnrissige Projekt einer luxemburgischen Universität aus der Taufe hoben. "uni.lu"?!? So wie die Internetadresse?!? Andere Unis benennen sich nach historischen Gönnern oder Gründern, beziehungsweise nach großen Forschern oder Künstlern, die mit der Uni in Verbindung gebracht werden. Aber eine URL als Name für die Alma Mater? Ich weiß nicht recht…
Dazu kommt, dass natürlich erst mal nix da war, so uni-mäßig, also hat man einfach die technische und die pädagogische Hochschule in den Uni-Status erhoben. Hey Presto! Wenn man bedenkt, dass "uni.lu" eine Elite-Uni werden soll, ist das auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung gewesen…

Folgende Sachen sind mir dann am Wochenende aufgefallen, als ich Party gemacht habe:

Dass Luxemburg klein ist, zeigt sich leider auch im Nachtleben. Es ist zwar nicht so, als wäre das Angebot nicht vielfältig genug, ganz im Gegenteil, der Luxemburger trinkt und feiert gerne und viel (und kann es sich auch leisten), und dementsprechend schillernd ist das Angebot (auch wenn es definitiv Abzüge gibt, wenn es um Schließstunden geht). Das Problem ist schlicht und ergreifend die Tatsache, dass man manchen Leuten nicht aus dem Weg gehen kann, und in meinem Fall besteht diese "negative Zielgruppe" aus Schülern. Man will ja nicht die in der Schule schwer erkämpfte Autorität dadurch verlieren, dass man halbnackt tanzend auf der Bühne irgendeiner Disse gesichtet worden ist. Man kann also als Pädagoge kein gepflegtes Doppelleben führen, ohne dass am Montag die ganze Schule von den Exzessen weiß. Ärgerlich.
Lustig ist hingegen, dass auch die "Prominenz" sich der Öffentlich nur schwer entziehen Kann. So sah ich am Samstag wiederholt Sandy L., eine ehemalige luxemburger Nachrichtensprecherin aus dem Fernsehen, und sie sieht trotz nicht mehr mädchenhaften Alters immer noch verdammt gut aus. Das nur als Notiz am Rande.

Der Luxemburger trinkt, wenn er weggeht, bevorzugt ein "Mini". Das ist, wie der Name schon ahnen lässt, ein kleines Pils, 25 oder 33 cl. Das ist gut, denn so ist das Bier immer schön kalt und wird nicht schal, und da der Service im Vergleich zu Freiburg echt gut ist (was zugegebenermaßen nicht besonders schwierig ist), hat man immer frisches Bier am Start. Leider es gibt kein alkoholfreies Bier in Kneipen und Clubs. In keiner einzigen Bar in ganz Luxemburg kann man alternativ zum leckeren normalen Bier ein fahrerfreundlicheres trinken (zumindest nirgendwo, wo ich nachgefragt habe, und das sind mittlerweile schon einige Orte). Kann da nicht zufälligerweise die Tochter des Gesundheitsministers, falls sie dies hier "durch Zufall" liest, was dagegen tun? ;)

Sonst gefällt es mir aber sehr gut in Luxemburg, ich habe ab 01.05. auch eine Wohnung hier, 3 Minuten Fußmarsch von der Schule entfernt, und dann sind natürlich alle meine Freunde aus aller Welt herzlichst dazu eingeladen, mich zu besuchen!

Mittwoch, 14. März 2007

Auf der Flucht


Gestern war ich mal wieder joggen. Im Wald. Alleine. Allerdings war ich alles andere als einsam. Ich kam mir vor, als würde ich durch's Ghetto laufen. Während meiner ganzen Trainingseinheit (sie dauerte eine Dreiviertelstunde, da ich mich ziemlich verlaufen habe) wurde ich von einem Polizeihubschrauber begleitet. Mitten im Wald hielten mich zwei verschiedene Polizeiautos an, und frugen, ob ich nicht "zwei Männer chinesischen, äh, also zwei Chin…, also Sie wissen schon" gesehen habe. Hatte ich nicht, aber die Tatsache, dass zwei Asiaten mit mir durch den Wald liefen, die interessant (um nicht zu sagen: gefährlich) genug waren, einen Hubschrauber und mindestens zwei Polizeieinheiten zu mobilisieren, empfand ich als eher beunruhigend. Man kann sagen, mein Puls war nicht vom Joggen allein beschleunigt. Zu Unrecht, wie sich mittlerweile herausstellte, denn hier ist, was passiert war: Zwei junge Asiaten mit einem deutschen Kennzeichen waren bei einer regulären Verkehrskontrolle statt stehenzubleiben abgehauen, woraufhin eine wilde Verfolgungsjagd mit der Polizei entstand, die ihren Höhepunkt auf der vom Feierabendverkehr geschundenen Autobahn in Form einer Kollision der beiden Fahrzeuge fand. Daraufhin sind die beiden "Kriminellen" per pedes in den von mir bejoggten Wald geflüchtet.
Und dafür wird in Luxemburg anderthalb Stunden lang ein Helikopter in die Luft geschickt, und, wie sich später herausstellte, mindestens fünf Streifenwagen und die Hundestaffel zum Einsatz gebracht. Respekt, Kollegen! Natürlich ist der Einsatz bisher ohne Erfolg geblieben…

Montag, 12. März 2007

Verschiedenes

Am Dienstag war ich mit einem Dutzend Schüler zur Berufsberatung, etwas verfrüht, wie ich finde, sind es doch alles Zehntklässler gewesen. Aber früh übt sich. Die Beratung war grausam schlecht gestaltet, aber immerhin habe ich herausgefunden, dass unsere Abi-Noten mittlerweile nach einem neuen System in das Deutsche Notensystem umgewandelt werden, so dass mittlerweile mein Schnitt statt eine 2,9 eine 1,9 ist! Die Genugtuung, wenn sie auch etwas verspätet kam, war groß…

Am Freitag durfte ich zum ersten Mal Nachsitzen überwachen. Ich war ganz aufgeregt, da ich dachte, jetzt lerne ich endlich die bösen Buben kennen. Aber auch die Nachsitzenden waren total nett, und als ich sie frug, aus welchen Gründen sie denn nachsitzen mussten, verstand ich auch, wieso das so ist. Wenn die damals so leichtfertig "Retenues" (so heißt das bei uns) verteilt hätten, hätte ich meine ganze Schulzeit mittags in der Schule bleiben müssen, glaube ich.
Als die "bösen" Schüler dann alle ihre Aufgaben gemacht hatten, und nur noch eine halbe Stunde der zweistündigen Bestrafungsmaßnahme übrig war, begannen sie, zu schwatzen, was ich in meiner unendlich Güte zuließ, und da stellte sich heraus, dass eine allgemeine Unzufriedenheit mit der schulpsychologischen Betreuung vorherrscht. Ich zeigte mich verwundert, packte kurzerhand die sechs Nachsitzenden ein, und wanderte ins gleich gegenüberliegende Büro zu den Kolleginnen, und stellte die Leute einander vor. Die Schüler zeigten sich überrascht, sind sie doch die alternden Lehrer des "Service Psychologique d'Orientation Scolaire", kurz SPOS, gewohnt. Sie wussten nicht einmal, dass wir auch junges und zudem psychologisch geschultes Personal im Dienst haben, da die alten Säcke den ganzen Betrieb monopolisieren, und dem besser geeigneten Nachwuchs lediglich das Administrative überlassen. Aber ich habe mal wieder Aufklärungsarbeit geleistet, und alles ward gut.
Später habe ich dann doch auch noch ein paar Jungs und Mädels getroffen, die endlich mal ein bisschen furchteinflössend aussahen. Auf Nachfrage bei den Kollegen wurde mir erklärt, dass es sich bei den Gestalten um dem "Centre Luxembourgeois d'Insertion de Jeunes Adultes" zugehörige Schüler handelt. Das "CLIJA" kümmert sich darum, dass frisch eingewanderte Jugendliche aus der ganzen Welt Grundzüge des Franösischen, Englischen, und der Mathematik lernen, um später dann in den regulären Schuldienst eingegliedert zu werden. Ich finde das eine löbliche Initiative, auch, weil es unserer Schule etwas street credibility verpasst.

Am Wochenende fuhr ich dann nach meiner mündlichen Französischprüfung, die ereignislos über die Bühne ging, nach Freiburg. Auf dem Weg dorthin zückte ich das Handy, aktivierte die Diktaphon-Funktion, und diktierte folgendes: "Ich finde, dass auf allen Autobahnen dieser Welt das Überholen von LKWs durch andere LKWs ausnahmslos verboten werden sollte, und der Verstoß gegen dieses Verbot soll mit sofortigem Genickschuss am Straßenrand geahndet werden." Amen!

Die Tage in meiner Zweit-Heimat sind weitesgehend in Alkohol untergegangen, deswegen kann ich nicht so viel dazu sagen. Auf dem Nachauseweg aber nahm ich in Freiburg gleich eine Anhalterin mit, die sich als sehr angenehme (Ost-)Berlinerin zu erkennen gab, die nach Marseille wollte. Nettes Geplaudere vertrieb mir die Zeit bis kurz nach Straßburg, wo ich sie an einer "péage"-Station aussetzte. Ich bezweifle zwar, dass sie dort Erfolg hatte, wünsche ihr aber alles Gute und hoffe, dass sie heile ankommt.

Dienstag, 6. März 2007

Pädogogik...

...funktioniert beidseitig.
Heute habe ich mir zum Beispiel von Schülern die Poker-Variante "Texas Hold'em" beibringen lassen. Alle meine Kinder, von der siebten zur dreizehnten Klasse, spielen das, es ist nämlich auch mittlerweile in Luxemburg zum Volkssport geworden, und das freut mich, denn das ist ganz klar ein Einfluss aus dem schönen Deutschland.

Montag, 5. März 2007

So was!


Heute hat sich denn endlich mal ein Schüler getraut, zu fragen, wer oder was ich eigentlich bin, mit den Worten: "Sind sie eigentlich "Surveillant" (was die unoffizielle Bezeichnung für meine Stelle ist) oder Hausmeister?" Hausmeister?!? Ich war gebührend entrüstet, und erwiderte dennoch milde: "Surveillant, natürlich".

Sonntag, 4. März 2007

Die erste Woche

So, die erste Woche als reguläres Mitglied der Gesellschaft ist geschafft, und hiermit lege ich Zeugnis ab, was mir noch so alles an erwähnenswertem geschehen ist:

Erstmal hat mich am Dienstagmorgen die Sekretärin der Schule zu sich zitiert, auf dass wir meinen Arbeitsvertrag klarmachen. Doch wir sind schnell an einem Punkt angekommen, wo es nicht mehr weiterging: Integraler Bestandteil des Vertrags sind sympathischerweise meine Kontodaten, dass ich auch meine Kohle immer schön kriege. Leider überweist mein Arbeitgeber (über einige Ecken der luxemburgische Staat) das Geld nur auf ein Konto der luxemburgischen Postbank, da so das Geld ja irgendwie dann in der Familie bleibt. Ich hatte natürlich kein solches Konto, also ging erst mal gar nichts. Glücklicherweise habe ich ja immer viel Freizeit beim Arbeiten, so dass ich einfach flugs zur nächsten Postfiliale ging, um mir ein solches Konto zu eröffnen. Das ging auch einigermaßen problemlos, leider konnte man mir meine Kontonummer und ähnliches nicht gleich mitteilen, da die Postbank in Luxemburg ja ein staatliches Unternehmen ist, und erst mal alles dauert. Das zuständige Fräulein meinte, ich würde bis Ende der Woche (!) Post mit allen Details bekommen, was aber bis heute (Sonntag) noch nicht geschehen ist.
In der Schule meinte dann die Sekretärin, man könne ja schon mal alles unterzeichnen, und die Kontodaten später per Hand reinschreiben. Mir soll's Recht sein, also flink den Kuli gezückt, und den Vertrag in sechsfacher (in Zahlen: 6!!!) Ausführung unterschrieben… Sechs Kopien! Ich glaube, der Premierminister, der Bildungsminister, und der Großherzog bekommen auch ein Exemplar dieses sehr wichtigen Schriftstücks, ich bin mir allerdings nicht ganz sicher…

Donnerstag Abend bin ich dann voller Erwartung zur Premiere des Schultheater-Stücks gegangen. Brecht ist ja jetzt nicht mein Leib-und-Magen-Stückeschreiber, aber ich wollte mir mal anschauen, was so geboten wird. Erfreut war ich sofort von den beiden Hauptdarstellern: "Herr Puntila" ist grotesk groß, und bewegte sich, da er im Stück permanent alkoholisiert ist, wie Johnny Depp in "Fear and Loathing in Las Vegas". Sein "Knecht" Matti hat ein beachtenswertes Talent für komisches Timing an den Tag gelegt, und es war eine Freude, ihm zuzusehen, wie er seinen Arbeitgeber und seine gesamten Mitmenschen permanent manipuliert hat, und dabei immer vorgab, sich für nichts zu interessieren. Leider hatte ich "Matti" im Vorfeld mal meine Leidenschaft für's Theater verraten, was er wohl als Einladung sah, mich vor allen seinen Kollegen zu du-zen, was ich dann aber auch schon wieder unterbunden habe. Doch das nur als Klammer.
Wie bei jeder Laiengruppe ist jedoch leider auch bei der LRSL-Truppe das Problem, dass der Talent-Pool relativ seicht ist, und so war oft die ungewollte Komik der Aspekt, der das Spiel interessant hielt. Das größte Problem bei der ganzen Chose war allerdings, dass wohl die Regisseurin (eine Französischlehrerin, die mit meiner Mutter zur Schule gegangen war) einen sehr großen Respekt vor dem Originaltext empfindet, was ihr verbat, ihn auch nur ansatzweise zu kürzen. Dank unnötig langer Umbaupausen war so das Schauspiel auf die epische Nettospielzeit von 3 ½ Stunden angeschwollen! Da hat auch die zehnminütige Pause zwischendrin nicht verhindern können, dass einem an Ende ein bisschen der Popo und das Hirn geschmerzt haben.

Ich bin ja schon groß, da will ich auch eine eigene Wohnung haben. Das ist aber in Luxemburg nicht so ganz einfach, und die schwindelerregend hohen Mieten sind die einzige Rechtfertigung für die obszönen Gehälter, die landesweit so ausgezahlt werden. Da ich nun aber beruflich gesehen noch unten in der Nahrungskette stehe und noch nicht über diese unanständigen Summen verfüge, muss ich halt kucken, was so abfällt für mich, wohnungstechnisch.

Eine Internetrecherche hat 6 Wohnungen in Nähe meines Arbeitsplatzes zutage gebracht, von denen zwei schon weg waren, als ich anrief. Eine weitere wurde nach Angaben der Maklerin wider Erwarten wohl noch bewohnt, und so blieben 3 Wohnungen, die sich zufälligerweise alle im gleichen Haus, in einer sehr netten Umgebung, befanden. Am Donnerstag nach Feierabend fand mein erstes Meeting vor Ort mit einer süßen jungen Frau mit bedauernswert dickem Hintern statt, und leider gefiel mir die Wohnung nicht besonders, da das Badezimmer inklusive WC auch die Küche war, und ich mir nicht vorstellen kann, im Klo-bedingten Fäkalgeruch zu kochen.
Während mir die Maklerin von Donnerstag eher angenehm in Erinnerung blieb, so hatte die von Freitag durchaus Qualitäten als Geisterbahn-Angestellte: die Dame hat die Sechzig nicht erst letztes Jahr überschritten, hat aber einen skrupellosen Chirurgen gefunden, der eher halbherzig versucht hat, sie noch mal wie 35 aussehen zu lassen, mit begrenztem Erfolg: die Lippen waren bis zur Sprachstörung aufgeblasen, die falschen Fingernägel lenkten nur dürftig von den von Arthritis verkrümmten Fingern ab, und vom Permanent-Make-up der Augen will ich gar nicht erst reden. Doch ich war ja auch wegen der Wohnung da, und nicht zum poppen. Sie führte mich das schon am Vortag begutachtete Treppenhaus hoch, und als sie den Schlüssel zückte, staunte ich nicht schlecht, denn Eisenbart ward vom gleichen Schloss empfangen, das mir am Donnerstag Zugang zur Wohnung gewährt hatte, und folglich war auch die Behausung die gleiche. Ein kurzer Blick in die Kloküche verschaffte mir Sicherheit, und ich verabschiedete mich dankend vom gepimpten Skelett.
Am Samstag war ich nach durchzechter Nacht mit einem portugiesischer Makler verabredet, der seine iberischen Wurzel beim französisch sprechen gar nicht erst versucht hat, zu verleugnen. Ich versprach mir von der südlich-forschen Art viel, nur konnte auch dieser Makler mich nicht mehr überraschen. Zum dritten Mal, an drei aufeinander folgenden Tagen, stand ich in der schizophrenen Kammer, die sich nicht zwischen Badezimmer und Küche entscheiden kann. Wieder zog ich dankend ab, und legte mich wieder schlafen.
Merke: Makler können noch so verschieden sein, eine Wohnung wird aber dadurch auch bei der dritten Besichtigung nicht bewohnbarer.

Der französische Sprachtest, der Teil der Zulassung zum Referendariat ist, entpuppte sich als relativ harmlos. Freitagnachmittag hatte ich zwei Stunden Zeit, um erst zu einem miserabel nichtssagenden Text zum Thema "Mut" einfache Verständnisfragen schriftlich zu beantworten, und anschließend eine kleine Abhandlung zum doch sehr allgemein gehaltenen Thema "Erziehung" zu schreiben. In 250 Worten bzw. einer Stunde stellte ich den Plan für die richtige Erziehung auf. Nächsten Freitag werde ich dann mit ähnlich vagen Phrasen im mündlichen Examen meine Französischkenntnisse beweisen, hoffentlich vorerst zum letzten Mal.

Ich möchte die heutige Predigt mit ein paar Gedanken zu meinen Schülern abschließen. ALTER Verwalter, sind die verwirrt! Es ist mir eine Freude, zuzusehen, wie die verschiedensten Persönlichkeiten und Stile ausprobiert werden, die Kinder mal so, mal so auftreten, und gerne auch mal wild alles durcheinanderbringen. Gerade bei den Anhängern der Gitarrenmusik kann ich als Kenner die Unentschlossenheit identifizieren: Metal? Emo? NuMetal? Punk? All dies scheint austauschbar zu sein, und die Bandshirts (besonders beliebt: Children of Bodom) tragen diese Orientierungsphase an mein wissendes Auge. Es ist ein Fest, ich erkenne mich wieder, und ich freue mich täglich, wieder unter 13jährigen weilen zu dürfen, aber selber nicht mehr in diesem schwierigen Alter sein zu müssen…

Montag, 26. Februar 2007

Mein erster Schultag


Man kennt mich als pflichtbewussten, pünktlichen Zeitgenossen. So wundert es nicht, dass ich eine Viertelstunde zu früh an der Schule war. Ein bisschen hat es natürlich auch damit zu tun, dass ich um 06:10 wach geworden war und nicht mehr einschlafen konnte, aber ich hatte mir den Wecker eh auf halb sieben gestellt, was, wie sich eben rausstellte, zu früh war. Blöd war nur, dass die beiden anderen Aspégiques erst um fünf vor 8 statt um viertel vor ankamen, was an sich ja ganz sympathisch ist, leider stand ich schlüssellos [dieser Mangel ist bereits behoben, ich habe einen jetzt Generalschlüssel für das ganze Gebäude] vor unserem geräumigen, hellen, mit high-speed-DSL, W-Lan, und allem anderen PiPaPo ausgestatteten Büro. Ein Schüler fragte schon: "Kann man Ihnen vielleicht helfen?" Ich lehnte zwar dankend ab, war aber erfreut über die Höflichkeit der Schüler, die sich den ganzen Tag über hielt. Lobenswert. Meine beiden netten Kollegen erklärten mir kurz den Tagesablauf, und schon ging's los. Die Arbeit an sich ist nicht viel und auch nicht besonders herausfordernd, vor allem weil meine durch Müdigkeit und völlige Planlosigkeit bedingte Verschwiegenheit meist als Strenge fehlinterpretiert wird, was mir seht entgegenkommt.
Wir Aspégiques verfügen über vollkommene Autonomie, was sich vor allem in der freien Zeiteinteilung, die wir genießen, bemerkbar macht. Da wir jetzt die gleiche Arbeit zu dritt machen, die die beiden anderen zuvor zu zweit gemacht haben, hat eigentlich immer einer frei.
Spannend wurde es am Nachmittag, als der reguläre Schulbetrieb schon eingestellt war, und ich sechs Schüler, vier einer siebten Klasse zugehörend und zwei einer Zwölften, beim Nachholen von Klassenarbeiten beaufsichtigen musste. Schummeln war nicht! Haben sie aber auch gar nicht probiert. Die Siebtklässler frugen mich lediglich permanent nach Vokabeln (Sie schroben eine Französisch-Klausur), und ich konnte immer helfen ("oeuvre d'art" heißt "Kunstwerk", auf französisch sagt man für "lügen" "mentir", usw…). Als dann einer mich fragte, wie man denn "glänzend" auf französisch sagte, musste ich gekonnt bluffen, las die Frage, behauptete, das müsse er ja wohl wissen, und falls nicht, solle er es umschreiben ("glänzend" ?!?), was er nach eigener Aussage dann auch getan hat…
Nach getaner Arbeit wollte ich zurück in unsere schnuckeliges Büro, was mich an der Aula vorbeiführte. Der Anblick von über die Gebühr nuttig entkleideten Schülerinnen verriet mir sofort, dass hier wohl die Proben zu dem am Donnerstag Premiere habenden Stück der Theatergruppe ("Herr Puntila und seine Mudder" oder sowas, von Brecht) in der heißen Phase sind. Ich stellte mich als alte Thespe vor, und man war begeistert, und bat mich hinein. Ich meldete meine Hilfsbereitschaft und mein generelles Interesse bei der zuständigen Lehrerein an, und folgte etwas den Proben. Episches Theater ist ja wie geschaffen für Schulaufführungen, da man jeden Mangel an schauspielerischer Routine und mangelnder Ausstattung als V-Effekt verkaufen kann. Zudem war sich die Regisseurin wohl der alten Faustregel bewusst, die besagt, dass man fast jede Schwäche mit ausreichend (eben schon erwähnter) nackter Haut kompensieren kann, so dass ich zuversichtlich der Premiere entgegensehe… Leider ist die ganze "Sexiness" auf die Bedürfnisse Fünfzehnjähriger ausgerichtet, so dass ich mich wohl bei dem Besuch auf den Text konzentrieren werden muss…

Meine letzten Stunden als Arbeitsloser (featuring "Aire de Berchem"-Krimi)

Mein letzter Tag in Freiburg wurde natürlich ausschließlich meiner Liebsten gewidmet. Schön in die Therme, und dann gepackt. Leider wählte ich als Restaurant für den letzten gemeinsamen Snack eine Niederlassung der Firma "Subway" aus, was sich als äußerst dumm erwies. Klar war die Stimmung spätestens ab der Abfahrt von der Terme gedrückt, aber im Schnellimbiss fand das Tief seinen Höhepunkt, und gerade als ich der Bediensteten meine Wahl des Brotes mitgeteilt hatte, wandte ich mich um, nur um meinen Augapfel bitterlich und trotzdem still weinen zu sehen. Die Tränen kullerten heiß und lautlos. Wer mich kennt, weiß, dass meine harte Schale einen weichen Kern verbirgt, und so bildete sich schnell ein Kloß auch in meinem Hals, und ich musste mich sehr zusammenreißen, um die zahlreichen und gerade auch in solchen Stresssituationen gerne wiederholten Fragen der Subway-Dienerin einigermaßen tränenlos zu beantworten. Als die Vettel dann beim Bezahlen immer noch blöde Fragen stellte, entfuhren mir gar ein paar garstige Worte ob ihres mangelnden Einfühlungsvermögens.
Als der Abschied dann mehr schlecht als recht überstanden war, und ich die Autobahn gen Luxemburg hinunterschoss, wanderten meine Gedanken: Wie wird mein erster Arbeitstag? Wie lange werde ich es mit meiner Familie unter einem Dach aushalten (ich werde mangels Alternativen erst mal ins Hotel Mama zurückkehren, aber wirklich nur so kurz wie nur menschenmöglich)? Und wieso schauen immer noch Leute Castingshows?

Kurz nach Metz fing dann an, was nicht nur ich schon oft erlebte, und was ich hiermit auf alle Ewigkeit den "Aire de Berchem"-Krimi taufen will.
Es bedarf zweier einleitender Erklärungen: 1. Die Aire de Berchem ist die erste Tanke nach der luxemburgisch-französischen Grenze (Man fährt von Freiburg nach Luxemburg größtenteils durch Frankreich), und 2. ist in Luxemburg das Benzin 25 Cent billiger pro Liter (!) als in Deutschland oder eben auch in Frankreich. Folglich tankt man kurz vor der Abfahrt nach dem Großherzogtum nur so viel, dass man gerade so zu besagter Tanke kommt. Und keinen Tropfen mehr.
So war es keine große Überraschung, als kurz nach Metz (ungefähr 50 km zur "Aire") ein Warnton erklang, und sich im Cockpit ein Lämpchen erhellte, das mich darauf aufmerksam machte, dass mein Treibstoff zu versiegen drohe. Eine weitere Anzeige verriet mir, dass ich noch 40 km fahren könne, bevor ich elendig am Straßenrand zum stehen bleiben gezwungen werde. Da diese Anzeigen meist großzügig geeicht sind, um tatsächlichen Pannen vorzubeugen, machte ich mir vorerst keine Gedanken, und passte lediglich meine Fahrweise der Situation an, indem ich gezielt treibstoffsparend chauffierte. Dies nahm allerdings immer drastischere Züge an, als die Anzeige nur noch "30 km" anzeigte, so dass ich bergab mit durchgedrückter Kupplung rollte, nicht über 3000 Umdrehungen fuhr, und ähnliches. Ab "20 km" wurde mir wirklich mulmig, da die Grenze nicht einmal in Sicht war. Mit "10 km" übrig überquerte ich die ländertrennende Linie, und als ich endlich am Horizont die rettende Tanke sah, fuhr das Auto wohl nur noch mit Restgasen, da die Anzeige mir noch genau 0 (in Worten: "null") Kilometer bescheinigte. Den letzten Hügel hoch hätte ich wohl als religiöse Person gebetet, so blieb mir nur die Hoffnung, und sie sollte reichen: Ich kam an, und VISA sei dank konnte ich schön 20 Liter für 20 Tacken tanken. So soll's sein, und wie sagte schon Shakespeare: Wenn's Ende passt, passt alles...

Samstag, 17. Februar 2007

Verwirrend

Der Donnerstag ist heute, Samstag also, fertigverbloggt worden. Allerdings ist er unter "Freitag" zu finden, also zwei posts unter dem hier. Komisch... Lest ihn trotzdem, es lohnt sich! tschö...

Eigentlich...

...bin ich noch dabei, den sehr ereignisreichen Donnerstag blog-technisch aufzuarbeiten. Aber heute morgen (Samstag um 8) ist mir etwas passieret, was schnell veröffentlicht werden muss:
Nach einer langen Schicht bei meinem Noch-Arbeitgeber Tacheles kam ich leicht angetrunken und ziemlich müde auf die Freiburger KaJo. Ich stieg in die 3 Richtung Merzhausen, und als ich aufwachte, war es viertel vor 9, und ich an der Haltestelle "Technisches Rathaus"!!! Krass, oder?

Das war's, ich weiss, es ist kryptisch für alle Nicht-Freiburger, aber die lesen diesen blog eh nicht.
Ich bin raus, Peace!

Freitag, 16. Februar 2007

Aspégic? (Unterhaltsames aus der Triglossie)

Dies alles ereignete sich am Donnerstag:
Ich war vorgeladen, um mich endlich offiziell auf die Stelle zu bewerben, die ich jetz dann am Montag, den 26. antreten werde. Nervös war ich nur ein bisschen, da meine zukünfitige Chefin und ich uns seit 4 Jahren "Du"-zen, und sie mir im Vorfeld versicherte, dass sie mich auch einstellen würde, wenn ich zwanzig Minuten zu spät, mit fetttigen Haaren, total verkatert und nur mit einem Leoparden-Stringtanga bekleidet zum Vorstellungsgespräch erschiene (Sie tat das nicht in diesen Worten, aber ich las das am Telefon aus ihrer Körpersprache heraus).
Wir kamen also schnell zu dem Punkt, wo wir uns einig waren, ich solle da jetzt arbeiten, ich fragte nach den Parkmöglichkeiten (ich darf im Pausenhof parken, und sogar in der Tiefgarage der Schule, wenn da noch Platz ist), und alles war gut. Irgendwann mal drängte sich dann doch die Frage auf, was ich denn eigentlich genau da arbeiten soll, und da meine Stelle ja explizit für mich geschaffen worden war (es gibt zwei andere Jungs an meiner Schule, die das gleiche machen, aber die wären auch weiterhin ohne mich klargekommen), musste Frau R. erst mal herzlich lachen und dann den Telfonhörer in die Hand nehmen, um jemanden zu rufen, der mir das erklären konnte, da sie das sooo genau selber auch nicht weiss. Schön.
Was dann geschah, hat mich positiv gestimmt, was den neuen Job angeht. Ich solle mich zu X begeben (ich nenne hier nur, wenn es unbedingt nötig ist, die Namen von Leuten). Der Namen sagte mir was, und als ich sie dann traf, war klar: mit der besuchte ich die neunte Klasse. Vertraute, gleichaltrige Gesichter in mir ebenbürtigen Positionen (die macht zwar so was mit psychologischer Beratung an der Schule, verdient aber dafür auch nicht mehr...) freuen mich. Ich ging von einer vergreisten Kollegenshaft aus.
Ich wurde also von X rumgeführt, und traf ganz viele alte Bekannte meines Alters, allesamt wie ich ehemalige Schüler des LRSL, und man plauderte, spasste, und ich dachte:"Gut."
Erwähnenswert ist aber auf jeden Fall auch, was noch passierte, als meine ehemaligen Mitschüler (und künftigen Kollegen) und ich noch etwas durch das Gebäude streunten, und schliesslich an der Sporthalle vorbeikamen. Ich traute meinen Augen nicht: Hier stand ein Kerl, der ein Jahr später als ich in "meiner" Schule Abi gemacht hat, und dessen Vater mal mein Sportlehrer war.
Als ich ihn darauf ansprach, dass ich es witzig fände, dass er jetzt auch Sportlehrer hier sei, wo doch sein Vater auch hier unterrichtete, antwortete er nur:"Wieso "unterrichtete"? Er tut es immer noch..." Man stelle sich also Vater und Sohn, logischerweise gleichen Namens, als ebenbürtige Sportlehrer vor, zwei Generationen der körperlichen Ertüchtigung nebeneinander... Mir mutete das seltsam an.
Der junge Mann bat uns netterweise gleich in sein Büro/Umkleide, wo ich erneut stutzte: In der Sportlehrer-Umkleide/Büro standen 2 21-Zoll grosse Flatscreens, einer von Apple und ein normaler, mit den dazugehörigen Rechnern, und DSL-Standleitung, und allem PiPaPo! Als ich noch zur Schule ging, reichte zum Sportunterricht ein stets vergessener Turnbeutel mit einem Paar muffigen Sportschuhe, und eine kurze Hose... Wir schauten uns lustige Videos auf YouTube an, plauderten und tranken aus dem wohlbestückten Sportlehrer-Kühlschrank, und da war auch schon wieder die Zeit gekommen, dass die anderen dann doch mal wieder was arbeiten mussten...
Mittags musste ich zu einer Info-Veranstaltung bezüglich des Sprachtests, den ich noch ablegen muss, bevor ich Leherer werden darf. Ihr müsst nämlich wissen, dass man als Lehrer gleichwelchen Faches in Luxemburg nachweislich die deutsche, luxemburgische und französische Sprache beherrschen muss. Das macht für Lehrer Sinn, da man ja tatsächlich Schriftstücke verschiedenster Herkünfte bearbeiten muss, und den Schüler auch mal was in deren jeweiligen Muttersprache (oft ist dies eine der drei eben erwähnten) erklären muss. Wieso allerdings ein Handwerker, der seine Meisterprüfung ablegen will, davor auch noch seine Dreisprachigkeit beweisen muss (was ich auf dieser Veranstaltung erfuhr), wird mir auf immer ein Rätsel bleiben.
Womit ich auch schon beim Titel des heutigen posts bin: Die Dreisprachigkeit ist, wie eben illustriert, auf vielen Ebenen des Luxemburger Alltagslebens vertreten. Dies ist oft stressig für alle Beteiligten, was ich hoffentlich bald mit einer passenden Anekdote illustrieren kann, aber auch schön, da man mehrsprachige Wortspiele machen kann, die dann auch von vielen verstanden werden können.
Allerdings, fällt mir gerade auf, ist "Aspégic"ein rein französisches Wortspiel. Es geht so: "Aspégic" ist eine französische Abart des in der restlichen Welt allseits beliebten Schmerzmittels Aspirin. (Details weiss ich nicht, sind mir aber auch egal, und irrelevant). Und der Titel meines Arbeitsverhältnisses wird ja, wie bereits erwähnt, "assistant pédagogique" sein. Nun kann man das natürlich klasse in "ass-pé-gique" abkürzen, und dann ist man von Beruf Schmerzmittel!
Toll, oder?

Mittwoch, 14. Februar 2007

Es tut mir leid.

Mein zweiter Eintrag ist leider sehr lang. Aber ich habe viel heute erlebt, und bin auch immerhin neu im blogger-business....

Der Arztbesuch (feat. Lux-Madness #1)

Heute hatte ich einen Termin beim Arzt. Der (wie sich später herausstellte: "Die") sollte kucken, ob ich denn überhaupt gesund genug bin, um auf Kinder losgelassen zu werden. Glücklicherweise haben die nicht die mentale Gesundheit gecheckt, hihi... Doch eins nach dem anderen:
In Luxemburg muss man überallhin mit dem Auto fahren.
Also wollte ich in die "rue Glesener", Nummer 21, weil mir das als Adresse des zuständigen Amtes angegeben worden war, fahren. Zwei Probleme kamen hier schon auf:
1.wusste ich nicht, wo das ist, und 2. hatte meine Mutter zwar eine vague Ahnung des Standortes, die sie mir sogar vermitteln konnte, allerdings klärte sie mich nicht über die Komplexitäten des Einbahnstrassensystems des Luxemburger Bahnhofsviertel auf, was dazu führte, dass ich, nach dem Strassennamen suchend und daher zu beschäftigt um auf Strassenschilder zu achten, erst mal schön in 'ne Einbahnstrasse reingefahren bin. Eine hupende Dame erklärte ich mir damit, dass sie eben eine Dame sei, und erst als zwei Mitbürger kapverdianischer Herkunft auf die Strasse sprangen und wilde Handzeichen machten, wurde ich stutzig. Der entgegenkommende Wagen, der definitiv nicht auch noch in die enge Gasse passte, in der ich mich befand, war das fehlende Teil im Puzzle. Die beiden Kapverdianer waren sehr freundlich und halfen mir, in dieser doch sehr engen Gasse zu wenden (was ich dummerweise sofort tat, statt einfach den Rückgang einzulegen, ich Idiot!). Sehr nett, die Leute!
Ich fand dann auch (zu Fuss jetzt, denn die Episode in der Einbahnstrasse bewegte mich dazu, das Auto stehenzulassen, ausserdem befand ich mich schon ungefähr in der Gegend), mit der Hilfe zweier netter alter Herren, die rue Glesener, und auch Nummer 21 war schnell gefunden. Leider befindet sich in diesem Gebäude unter anderem die Botschaft der Union der Komoren. Doch der nette Sicherheitsbeamte konnte mir erklären, wo der "Service de Santé au Travail Multisectoriel" ist. Hurrah!
Ich also rein, und wen sehe ich da? Meine Nachbarin und Mutter meiner allerältesten Freundin (Wir lernten zusammen laufen und reden, also die Tochter und ich, nicht die Mutter)! Sie schrie meinen Namen, als sie mich sah, und raunte der Empfangsdame irgendetwas zu, auf französisch, was glaube ich "Placez-le", also "Setzt ihn", hiess. Ich erfreute, da ich davon ausging, dass ich mich in einer etwaigen Warteschlange jetzt weiter vorne als Normalsterbliche befinden sollte. Ich ahnte richtig: Als ich den Wartesaal betrat, waren acht Leute anwesend, und nachdem die Namen dreier Leute geschrieen worden waren, lief eben schon löblich erwähnte Dame vorbei, flüsterte "Kannst du mal kurz kommen...", und schon war ich in ihrem Zimmer. Was sich jetzt wie der Anfang eines schlechten und zudem auch sogar für meine Standards ziemlich kranken Porno anhört, entpuppte sich als erfreuliches Gespräch. Die Mutter war wohl so eine Vor-Untersucherin, und während sie mich über das Leben ihrer Tochter informierte, mass sie mich (188,5 cm!), und wollte wissen, wieviel ich wiege (Ihre Waage behauptete 79kg, was ich pflichtbewusst so weitergab, was aber nicht stimmt, da ich weniger wiege). Zwischendurch hatte sie schon ihre Tochter angerufen, und, man gebe acht!, während ich meinen medizinischen Eignungstest ablegte, telefonierte ich mit der Tochter der für mich zuständigen Voruntersuchungsdame. Das fand ich skurril, aber auch schön. Meine Augen waren leider nicht so gut (20% Sehkraft auf dem linken Auge, dafür aber 120% auf dem Rechten!), und als sie mein Urin wollte, dachte ich: Mist! Nicht, weil ich mich in dem Porno wähnte, den in euren Köpfen schon die ganze Zeit abläuft, sondern weil mir Fremde vor nicht allzu langer Zeit gewaltsam mehrere Tonnen THC ins Blut gepumpt hatten. Sie erkannte mit geschulten Blick meine Bedenken, und versicherte mir, dass meine Pisse nur auf Diabetes untersucht werde. Gesagt, getan, und der erste Teil der Untersuchung war vorbei. Ich versicherte meiner Nachbarinnenmutter noch, dass ich später noch bei ihr vorbeisehe, und war bereit für den zweiten Teil des Eignungstests.
Jetzt durfte eine Aerztin an mich ran. Punkten konnte sie anfangs nicht gerade, da sie mich auf meine leicht beeinflusste Sehkraft ansprach, und in demselben Atemzug erwähnte, man sehe ja auch, dass ich etwas schiele. Wir hatten keinen guten Start. Aber als sie mich dann auf meinen Nachnamen ansprach, und fragte, ob ich Sohn meines Vaters sei (was ich ungern verneine, da es eine Lüge wäre), war das Eis gebrochen. Sie war eine Schülerin meines Vaters gewesen, und wollte an den (Lehrer-) Spitznamen, den er stets mit Stolz trug, erinnert werden ("Playboy"). Ich musste die Herkunft ebendiesselben erklären, und meinte, dass mein Vater, ebenso wie ich, gerne mit XX-chromosomigen Menschen zu tun haben, schaute ihr dabei tief (und gerade!) in die Augen, und sie schmolz dahin wie Eis auf einem Ford V8 Motor. Im folgenden Gespräch, was eigentlich zur Vertiefung des Wissens über meine körperliche Fähigkeit, Kinder zu bewachen, dienen sollte, offenbarte sie folgende Details ihres Privatlebens:
- ihr Alter
- die Nationlität ihres Mannes
- den Studienort ihrer Schwester (!)
- die Anzahl und das jeweilige Alter ihrer Kinder
- ihre Ansichten über die multikulturelle Schizophrenie Luxemburgs (diese Thema wird uns in diesem blog öfter beschäftigen)
- den Namen ihrer Banknachbarin in der neunten Klasse (inklusive deren letzte Beschäftigung)
- den Beruf ihres Vaters
- und zahllose Details meinen Vater betreffend, von seiner Haarfarbe über seine bisweilen fragwürdigen Unterrichtsmethoden.
Ich wollte nur weg, und meinte die ganze Zeit, da seien doch wohl noch andere Patienten ("Kunden"?), die bedient werden wollen. Sie schwieg allerdings auch lange nach der Untersuchung , und meinte immer nur: "Darum wird sich ein Kollege kümmern".
Als ich das Zimmer verlass, war ich als "Fähig für den öffentlichen Dienst" eingestuft, und es warteten fünf (!) griesgrämig dreinschauende Leute auf ihre Untersuchung.

Wieso?

Tach auch!
Wieso dieser blog (oder heisst es "dieses" blog? egal)?
Nun, nach sieben (in Zahlen: 7) Jahren an der schönen Uni in Freiburg werde ich zurück in mein Heimatland Luxemburg kehren, und bereits heute habe ich die wildesten Erfahrungen gemacht, obwohl ich nur kurz hier bin (Dazu mehr in meinem zweiten Post, den ich gleich im Anschluss andiesen hier schreiben werde). Ich soll also nun an meiner alten Schule (LRSL) als "assistant pédagogique", was ein glorifizierender Titel für "Aufsicht-halten-und-falls-notwendig-auch-mal-den-Hausmeistern-zur-hand-gehen" ist, arbeiten. Bääähhh... Aber mit diesen Scheiss-Studiengebühren kann man ja nicht ewig Student sein, also was soll's... Hinein in die Luxemburger Arbeitswelt!