Dienstag, 11. Dezember 2007

Version 0.99: "Yeah baby, YEAH!"

Wie der euphorische Titel schon andeutet, bin ich meinem Ziel, Lehrer zu werden, wieder ein Stück näher gekommen: Ich habe den vielbesprochenen "Concours" (Aufnahmeprüfung fürs luxemburger Referendariat) geschafft, und bin ab Januar offiziell Referendar, mit einem obszönen Gehalt. Doch dazu später mehr.

Mein bisheriges Dasein als Pädagoge hat sich natürlich um einige Erfahrungen erweitert. So habe ich zum Beispiel mittlerweile auch schon einmal bis 3 Uhr nachts Klassenarbeiten korrigiert, um sie dann nach nur 4 Stunden Schlaf am nächsten Tag zurückgeben zu können. Mir wurde gesagt, dass das im Referendariat nichts Besonderes mehr sei, aber ich habe nur wenig Gefallen an diesem Arbeitsstil gefunden. Bäh!

Ein weiterer Eiterpickel des Lehrerdaseins ist "L'Essentiel". Das ist eine (auch noch französischsprachige) "Tageszeitung", die es seit ein paar Wochen an jeder Straßenecke umsonst gibt. Da sie nichts kostet, nimmt jeder Schüler erst mal morgens eine mit, denn es ist immer ein Cartoon drin, und auch ein Sudoku. Dieses Rätsel, was mir auf immer ein solches bleiben wird, wird dann natürlich bevorzugt während des Unterrichts gelöst. Spätestens nach der dritten Unterrichtseinheit hat sich das Interesse an diesem Druckerzeugnis allerdings aufgelöst, so dass jetzt die ganze Schule damit gepflastert ist, und die Putzfrauen dürfen es wegmachen. All dies wär zu verzeihen, wenn die Kinder jetzt immer top-informiert in der Bank sitzen würden. Tun sie aber nicht, denn der journalistische Wert dieser Zeitung ist nur minimal über dem der BILD-Zeitung anzusiedeln, so dass, wenn überhaupt was außer den Bildern wahrgenommen wird, es sich dabei meist um "Klatsch und Tratsch" der "Promis" handelt. Danke, "L'Essentiel".

Wegen meines bereits eingangs erwähnten relativ hohen Gehalts, das ich demnächst beziehen werde, dachte ich mir, als meine Uhr letztens stehen blieb, da höchstwahrscheinlich die Batterie alle war: Jetzt kaufst du dir einfach einen neuen, deinem Status angemessenen Zeitrechner! Also spazierte ich in die schön weihnachtlich beleuchtete Innenstadt, mit dem Vorhaben, meinen Geldbeutel nicht zu schonen. Doch in Luxemburg ist wieder einmal alles anders: Es fängt damit an, dass man erst klingeln muss, um überhaupt den Uhrenladen/Juwelier betreten zu dürfen, woraufhin dann meist ein dunkel gekleideter muskulöser junger Mann einem die Tür öffnet. Dann wird man von einer stark geschminkten, französisch sprechenden Dame in Empfang genommen, und es wird sich euphorisch nach dem Anliegen erkundet. Als ich dann jedoch immer wieder kundtat, dass ich gedenke, eine Uhr zu kaufen, allerdings "nur" zwischen 500 und 1000 Euro ausgeben möchte, war die Reaktion stets die gleiche: Ich wurde mit einer Mischung aus Mitleid und Ekel belächelt, und an andere Läden verwiesen. Also tat ich das einzig Vernünftige: Ich stieg ins Auto, fuhr nach Trier, ließ mich dort von einem sehr netten jungen Mann äußerst kompetent beraten, und kaufte mir zu einem sehr fairen Preis eine tolle Uhr, an der ich bestimmt noch lange Freude haben werde.

Jetzt aber zum "concours": Ich habe diesmal geschafft, was mit vor einem halben Jahr misslungen ist, ich habe das Examen an sich bestanden, und durch die Klassierung im ersten Drittel des Feldes bin ich jetzt auch zum Referendariat zugelassen (zugegebenermaßen hat es diesmal vollkommen gereicht, das Examen nur irgendwie zu bestehen, da von den 24 offenen Stellen nur 17 belegt werden konnten). So weit, so gut. Was ich jedoch echt nicht verstehe, ist deren Bewertungssystem. Selbst nach 159 korrigierten Klassenarbeiten (ich habe nachgerechnet;) habe ich immer noch keine Ahnung, wie DIE bewerten. Es ist jetzt schwierig, das zu konkretisieren, aber im Großen und Ganzen ist es einfach so, dass die Selbsteinschätzung meiner Leistung und deren Bewertung nichts miteinander zu tun haben; wenn ich dachte, dass eine Prüfung schlecht lief, hatte ich nachher viele Punkte, und bei den Aufgaben, von denen ich dachte, ich hätte sie gut gelöst, war es dann so, dass ich knapp an der Grenze zum Nicht-Bestehen lag. Sehr seltsam...

Ja, und da ich ja jetzt wieder meinen Status an der Schule ändere, muss ich mal wieder zum Arzt. WTF?!?! Zum 3. Mal innerhalb eines Jahres! Lasst euch eins sagen: Die luxemburger Referendare gehören zu den gesündesten der Welt!

So, und zum Abschluss heute muss ich eine meiner selbstauferlegten Regeln brechen. Ich wollte eigentlich auf dieser Plattform hier keine Stilblüten zum Besten geben, da ich es relativ überheblich finde, sich über Fehler derer lustig zu machen, die einem alleine vom Alter und der Bildung her unterlegen sind.
Doch genau letzteres, also die Bildung, zweier meiner Schüler hat letztens so große Lücken gezeigt, dass ich es einfach mal aufschreiben muss. Ich hatte den Betroffenen als Nachhol-Klassenarbeit einen Text über das Holocaust-Mahnmal in Berlin vorgelegt, den es zu analysieren galt. Ein Kollege, der jetzt "assistant pédagogique" ist, beaufsichtigte die Schüler, als sie schroben, und plötzlich fragte ihn doch tatsächlich einer der Prüflinge, was das denn überhaupt sei, "Holocaust"? Dem Kollegen fehlten die Worte ob solchem Mangel an Allgemeinwissen, was mir dann von den beiden Schülern später auch noch als mit ihnen geteiltes Unwissen, was diesen kryptischen Begriff angeht, berichtet worden ist. Oh je!