Sonntag, 22. Juli 2007

Exkursion und Exkurs


Am Freitag unternahmen wir einen lange antizipierten Lehrerausflug. Schätzungsweise das halbe Lehrerkollegium, viele Referendare, und einer meiner werten Kollegen und Ich, wir brachen um elf Uhr mit einem Doppeldecker-Bus in Richtung Restaurant auf. Im Bus wurde zur Steigerung der Stimmung gleich Sekt gereicht, was sein Ziel nicht verfehlte, und so stimmten die mittlerweile angefeuchteten Kehlen der jüngeren Teilnehmer der Reise bereits nach kurzer Zeit fröhliche Liedchen an, wo auch ich dank langer Pfadfindererfahrung meist mit einstimmen konnte. Im Speiselokal angekommen speisten wir nach einem weiteren Aperitif sowohl üppig als auch vorzüglich, so dass voller Freude und mit Wiederholung der vorigen Gesangseinlage wieder im Bus zum Spaziergang in den Wald gefahren worden ist. Leider hatte der mittlerweile bei den meisten (nicht allen!) Teilnehmern echt bemerkenswerte Alkoholkonsum zur Folge, dass die Wanderung nicht ganz planmäßig ablief… Die Gruppe wurde immer zähflüssiger, und teilte sich relativ bald in mindestens drei Bruchstücke (muss man so sagen, denn wirklich intendiert war es glaube ich nicht) auf, von denen leider jedes an diversen Weggabelungen einen andere Pfad wählte. Auch die Mobiltelephonkommunikation half nichts, und so fanden wir statt um 18 Uhr erst um 19:30 auf dem Parkplatz wieder, von wo aus der Bus uns nach Hause bringen sollte, der aber natürlich schon längst weg war… Eine weitere halbe Stunde später kam dann der gerufene Notfall-Bus uns abholen, und so ging ein toller Ausflug zu Ende…
Einige der jüngeren Teilnehmer nahmen noch ein gemeinsames Abendessen im "Café du Théatre" zu sich, und ich machte mich auf den Weg quer über den Limpertsberg zu der Kneipe "George and Dragon", per pedes natürlich, da mein Alkoholpegel mittlerweile ziemlich hoch wahr. Da der Weg ziemlich lang war, und ich Durst hatte und aufs Klo musste, beschloss ich nach zehnminütigem Spazieren, die nächstbeste Kneipe aufzusuchen, und so kehrte ich in das "Café des Bons Amis" ein. Fahnen und Fußballschals, die die portugiesisch-luxemburgische Freundschaft preisen, hingen in der ganzen Kneipe, und die Vorherrschaft der Sprache der südwestlichen Küstenbewohner der iberischen Halbinsel zeigte mir, dass ich mich unverwechselbar in einem sogenannten "Portugiesenbistrot" befand, wie es in Luxemburg in fast jedem Dorf eins zu finden gibt, und welche auch in der Stadt sehr verbreitet sind. Ich setzte mich an die Theke und bestellte ein Bier, das mir prompt von einer sehr netten Dame hingestellt worden wurde. Als ich dann so an dem Tresen saß, stürmte ein Kerl rein, der offenbar zur Stammkundschaft gehört, schrie freudig und ließ sich eine Flasche Sekt geben. Meinen verwirrten Blick wahrnehmend, erklärte er auf Französisch irgendetwas von "69. Geburtstag", und wollte mir auch ein Glas Sekt anbieten. Ich lehnte zwar dankend ab, da ich echt schon genug Sekt an dem Tag genossen hatte, war aber ganz gerührt von der Geste und fühlte mich in die portugiesische Gemeinschaft aufgenommen. Integration 2.0 sozusagen…
In diesem Sinne möchte ich auch noch eine Broschüre erwähnen, in der den Bewohnern der Hauptstadt das neu entwickelte Leitbild der Stadt Luxemburg erklärt wird, mit dem sie sich neu auf dem Markt positionieren will. So was macht man wohl heutzutage als Stadt.
Jedenfalls ist ein Teil dieser Unternehmung gewesen, die Stadt mal genauer unter die Lupe zu nehmen und Stärken und Schwächen zu isolieren, und dabei heraus kam, unter sehr vielem Anderen, dass "ausländische Mitbürger […] integraler Teil der Luxemburgischen Identität [sind] und […] als solche noch stärker als bisher in die Gesellschaft integriert werden [müssen]". So heißt es ferner: "Publikationen und andere Kommunikationsmittel werden deshalb grundsätzlich in mindestens zwei Sprachen (DE / FR), vorzugsweise aber in vier Sprachen (DE / FR / EN / P) angeboten." Sehr löblich, was ich aber hier erwähnenswert finde, ist, dass in der viersprachigen Version mit Englisch und Portugiesisch zwei Sprachen Platz finden, die keine offiziellen Amtssprachen sind, während Luxemburgisch nicht gedruckt wird. Sehr gut, wie ich finde, da es geschrieben unnötig kompliziert und anstrengend ist, diese Sprache zu benutzen.

Somit bin ich auch schon bei drei Formulierungen, welche mir in letzter Zeit aufgefallen sind, und auf die ich jetzt endlich mal näher eingehen will: "beis", "rau", und "d' Sau / d' Sei". [Wie eben schon erwähnt, ist Luxemburgisch unnötig kompliziert, wenn es geschrieben wird, und deswegen habe ich es mir auch nie richtig angeeignet. Somit ist meine luxemburgische Orthographie höchstwahrscheinlich in 75% aller Fälle falsch, aber das tangiert mich analperiphär.] Die beiden erstgenannten Adjektive heißen eigentlich, wer hätte es erwartet, "böse" und "rau", doch wird mit "beis" auch vieles beschrieben, was im deutschsprachigen Raum als "krass" bezeichnet würde. "Rau" genannt wird jemand, der besonders cool rüberkommen will. Das ist ja noch harmlos. "D'Sau" allerdings heißt wortwörtlich genau das gleiche wie im Deutschen, bezeichnet also das Mutterschwein, im Luxemburgischen wird es aber oft einfach als Substitut für das Personalpronomen der dritten Person benutzt, und das auch für das Neutrum, und das alles ohne dass sich irgendjemand daran stören würde. So könnte man sich durchaus diese schöne Äußerung vorstellen: "Ich kann die Sau absolut nicht haben. Die Sau versucht ständig, rau zu sein. Was für ein Depp, aber ich muss neidlos zugeben, sein Auto, die Sau ist echt böse…" (In etwa: "D'Sau geet mer guer net. D´'Sau probeiert permanent , rau ze sin. Waat e Kallef, mee ech muss zwar soen, sain Auto, d'Sau ass beis…")
Das war jetzt ein linguistischer Super-GAU, ich weiß, aber ich hoffe, ihr versteht, was ich meine…

Noch ein kleiner Themenwechsel zum Schluss: Ich habe in letzter Zeit beim Weggehen immer wieder Mandy aus "Germany's Next Topmodel" gesichtet. Sie ist sehr groß und schlank, ich habe sie aber auch schon beim Essen beobachten können. Alles in allem waren es keine besonders aufregenden Momente für mich, aber ihr hat es glaube ich gefallen…

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Das kann doch nicht im Ernst ein Pronomen sein, das auf die biologische Sau etymologisiert? Falls doch, solltest Du sofort eine Notiz in einem linguistischen Journal schreiben unter dem Titel "Die Grammatikalisierung der Sau im Luxemburgischen". Mit so etwas wird man berühmt, wenn auch nur fachintern. In Stanford war letzten Monat auch z.B. von einem Futurmarker in irgendeiner Sprache (in Indonesien?) die Rede, der auf das Wort für Holz zurückgeht... weil Holz polysem für Gehstöcke steht und die Benutzung eines solchen Entschlossenheit und Zielstrebigkeit ausdrückt, und diese Eigenschaften widerum ikonisch mit dem Futur verbunden sind. Und über die Jahrhunderte kriegt man dadurch halt Grammatikalisierung.

Anonym hat gesagt…

Als Titel hätte ich persönlich ja "Exkurs und Exkursion" gewählt.