Montag, 26. Februar 2007

Mein erster Schultag


Man kennt mich als pflichtbewussten, pünktlichen Zeitgenossen. So wundert es nicht, dass ich eine Viertelstunde zu früh an der Schule war. Ein bisschen hat es natürlich auch damit zu tun, dass ich um 06:10 wach geworden war und nicht mehr einschlafen konnte, aber ich hatte mir den Wecker eh auf halb sieben gestellt, was, wie sich eben rausstellte, zu früh war. Blöd war nur, dass die beiden anderen Aspégiques erst um fünf vor 8 statt um viertel vor ankamen, was an sich ja ganz sympathisch ist, leider stand ich schlüssellos [dieser Mangel ist bereits behoben, ich habe einen jetzt Generalschlüssel für das ganze Gebäude] vor unserem geräumigen, hellen, mit high-speed-DSL, W-Lan, und allem anderen PiPaPo ausgestatteten Büro. Ein Schüler fragte schon: "Kann man Ihnen vielleicht helfen?" Ich lehnte zwar dankend ab, war aber erfreut über die Höflichkeit der Schüler, die sich den ganzen Tag über hielt. Lobenswert. Meine beiden netten Kollegen erklärten mir kurz den Tagesablauf, und schon ging's los. Die Arbeit an sich ist nicht viel und auch nicht besonders herausfordernd, vor allem weil meine durch Müdigkeit und völlige Planlosigkeit bedingte Verschwiegenheit meist als Strenge fehlinterpretiert wird, was mir seht entgegenkommt.
Wir Aspégiques verfügen über vollkommene Autonomie, was sich vor allem in der freien Zeiteinteilung, die wir genießen, bemerkbar macht. Da wir jetzt die gleiche Arbeit zu dritt machen, die die beiden anderen zuvor zu zweit gemacht haben, hat eigentlich immer einer frei.
Spannend wurde es am Nachmittag, als der reguläre Schulbetrieb schon eingestellt war, und ich sechs Schüler, vier einer siebten Klasse zugehörend und zwei einer Zwölften, beim Nachholen von Klassenarbeiten beaufsichtigen musste. Schummeln war nicht! Haben sie aber auch gar nicht probiert. Die Siebtklässler frugen mich lediglich permanent nach Vokabeln (Sie schroben eine Französisch-Klausur), und ich konnte immer helfen ("oeuvre d'art" heißt "Kunstwerk", auf französisch sagt man für "lügen" "mentir", usw…). Als dann einer mich fragte, wie man denn "glänzend" auf französisch sagte, musste ich gekonnt bluffen, las die Frage, behauptete, das müsse er ja wohl wissen, und falls nicht, solle er es umschreiben ("glänzend" ?!?), was er nach eigener Aussage dann auch getan hat…
Nach getaner Arbeit wollte ich zurück in unsere schnuckeliges Büro, was mich an der Aula vorbeiführte. Der Anblick von über die Gebühr nuttig entkleideten Schülerinnen verriet mir sofort, dass hier wohl die Proben zu dem am Donnerstag Premiere habenden Stück der Theatergruppe ("Herr Puntila und seine Mudder" oder sowas, von Brecht) in der heißen Phase sind. Ich stellte mich als alte Thespe vor, und man war begeistert, und bat mich hinein. Ich meldete meine Hilfsbereitschaft und mein generelles Interesse bei der zuständigen Lehrerein an, und folgte etwas den Proben. Episches Theater ist ja wie geschaffen für Schulaufführungen, da man jeden Mangel an schauspielerischer Routine und mangelnder Ausstattung als V-Effekt verkaufen kann. Zudem war sich die Regisseurin wohl der alten Faustregel bewusst, die besagt, dass man fast jede Schwäche mit ausreichend (eben schon erwähnter) nackter Haut kompensieren kann, so dass ich zuversichtlich der Premiere entgegensehe… Leider ist die ganze "Sexiness" auf die Bedürfnisse Fünfzehnjähriger ausgerichtet, so dass ich mich wohl bei dem Besuch auf den Text konzentrieren werden muss…

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Cher Bob, c'est tout à fait brillant ou même lumineux!!!

macht wirklich spaß deine einträge zu lesen